Suchttherapie 2009; 10 - S314
DOI: 10.1055/s-0029-1240306

Alkohol und Gewalt – eine epidemiologische Querschnitterhebung in einem innerstädtischen Kneipen- und Diskothekenviertel zur evidenzbasierten Interventionsplanung

M Berner 1, S Wahl 1
  • 1Universitätsklinik Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Freiburg

Fragestellung: Die Stadt Freiburg erließ im Jahr 2007 wegen des erhöhten Gewaltaufkommens als erste deutsche Großstadt eine Polizeiverordnung mit dem Ziel, den Alkoholkonsum im öffentlichen Raum zu begrenzen. Die vorgestellte Befragung wurde zum einen durchgeführt, um eine Bestandsaufnahme der Problematik zu erhalten. Außerdem sollten Zielgruppen für Frühinterventionsmaßnahmen umrissen werden sowie die Konsummuster der Risikopersonen genauer untersucht werden.

Methodik: Einmalige Befragung mit Hilfe eines standardisierten Interviewleitfadens an einem Abend in der Freiburger Innenstadt. 23 geschulte Interviewerinnen befragten 308 Personen (Themen u.a.: Ausgeh-Gewohnheiten, Alkoholkonsum, erlebte Gewalt, Polizeikontakt, Verbesserungsvorschläge, CAGE-Screening). Der Leitfaden wurde aus dem Liverpool Violence Report übernommen und adaptiert.

Ergebnisse: Der Median der durchschnittlich konsumierten Alkoholmenge/Abend liegt bei 94g Alkohol. Besonders auffällig ist der Konsum der 15–17jährigen Männer (Median: 150g.). Es konnten mehrere Prädiktoren für negative Erlebnisse im Nachtleben gefunden werden: Junge Männer unter 25 mit geringerem Bildungsgrad, die Hochkonsum betreiben, sowohl zuhause bevor sie ausgehen („Vorglühen“) als auch in der Innenstadt, machen wahrscheinlicher Erfahrungen mit Gewalt und alkoholbedingten Intoxikationen als die anderen Befragten. Ein weiterer Prädiktor für negative Erlebnisse stellt der Konsum von illegalen Drogen dar. Ca. 50% der Befragten beantworteten eine oder mehr der CAGE-Fragen mit „Ja“. Prädiktoren für ein positives Screening-Ergebnis und damit der Gefahr, eine substanzbezogene Störung zu entwickeln, sind männliches Geschlecht und Hochkonsum in Verbindung mit Alkoholkonsum vor dem Ausgehen.

Schlussfolgerung: Die gefundenen Prädiktoren umreißen eine Untergruppe mit erhöhtem Risiko für negative Erfahrungen und substanzbezogene Störungen. Diese Hinweise können als Grundlage für evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen genutzt werden.