Suchttherapie 2009; 10 - S324
DOI: 10.1055/s-0029-1240310

Hürden der Tabakentwöhnung bei alkoholabhängigen Rauchern und deren Überwindung. Ein individualisiertes Programm zur schrittweisen Tabakentwöhnung

AS Diehl 1, J Mutschler 1, A Kobiella 1, M Großhans 1, K Mann 2
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Mannheim
  • 2Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Universität Heidelberg, Mannheim

Fragestellung:

Die etablierten Ansätze zur Tabakentwöhnung sprechen überwiegend motivierte Betroffene an und führen bei komorbider Suchterkrankung zu schlechten Therapieergebnissen, wobei Therapieangebote von komorbid Suchtkranken oft überhaupt nicht wahrgenommen werden. Unser Ziel war es, die individuellen Hürden des alkoholkranken Rauchers zu charakterisieren und darauf aufbauend einen adaptierten Therapieansatz umzusetzen.

Methode:

Wir übersetzten und adaptierten die englischsprachige „Perceived Risks and Benefits Questionnaire, PRBQ“ und untersuchten damit 50 alkoholabhängige im Vergleich zu 50 nicht-alkoholabhängigen Rauchern. Aufbauend auf der so gewonnenen Charakterisierung adaptierten wir das von uns verwendete Tübinger Tabakentwöhnungsprogramm. Wir entwickelten eine schrittweise Tabakentwöhnung in Verbindung mit einer an den individuellen Bedarf angepassten Nikotinersatztherapie und einer Kombination aus Gruppen- sowie Einzeltherapie. Im Rahmen einer prospektiven, offenen klinischen Studie behandelten wir 45 alkoholabhängige Raucher nach diesem Konzept im Rahmen des stationären Qualifizierten Alkoholentzugs mit ambulanter Nachsorge über 6 Monate.

Ergebnisse:

Alkoholabhängige Raucher zeigten ein deutliches Überwiegen der negativen Erwartungen, insbesondere Erwartungen schwerer Tabakentzugssymptome, jedoch keinen Unterschied der positiven Erwartungen im Vergleich zu nicht-alkoholabhängigen Rauchern.

Die schrittweise Tabakentwöhnung wurde von den alkoholabhängigen Rauchern deutlich besser akzeptiert als ein abrupter Stopp-Ansatz. 50% der Patienten erreichten eine Tabakabstinenz bei vollem Nikotinersatz, von welchen wiederum ca. 50% nach 6 Monaten noch tabakabstinent waren. Wir fanden keine Steigerung des Alkoholrückfallrisikos in der Therapiegruppe verglichen mit alkoholabhängigen Rauchern, die nicht an dem Tabakentwöhnungsprogramm teilnahmen.