Suchttherapie 2009; 10 - S334
DOI: 10.1055/s-0029-1240314

Fetale Alkoholspektrumsstörungen eine komplexe generationsübergreifende Herausforderung

H Hoff-Emden 1, I Pauser 2
  • 1Fontane - Klinik Motzen, Mittenwalde
  • 2Beratungsstelle für alkoholgeschädigte Kinder (FASD);Ev. Verein Sonnenhof e.V., Berlin

Hintergrund: Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann das ungeborene Kind, je nach Zeitpunkt, Dauer und Ausmaß der Exposition, schwer schädigen. Die Auswirkungen werden heute unter dem Begriff Fetale Alkoholspektrum-Störungen (FASD) zusammengefasst. Dabei handelt sich um Krankheitsbilder mit den Leitsymptomen Kleinwuchs, kraniofazialen Dysmorphien, Mikrozephalus, unterschiedlich stark ausgeprägten Entwicklungsstörungen und intellektueller Beeinträchtigung sowie einer positiven Anamnese für Alkoholabusus der Kindesmutter in der Schwangerschaft. Wegen der häufig nur diskreten Dysmorphiezeichen stehen die Verhaltensauffälligkeiten im Vordergrund.

Methodisches Vorgehen: Es erfolgte die retrospektive Analyse der Jahre 2002–2005 der Kinder mit der Diagnose Fetale Alkoholspektrumsstörungen. Bei 44 Kindern wurde diese Diagnose gestellt. Die soziodemographischen Daten, der Schweregrad der Erkrankung, die Beschulungsform sowie die bisherigen Therapien, Medikation und der Belastungsgrad der Bezugspersonen wurde ermittelt.

Ergebnisse: In der erhobenen Stichprobe waren die Kinder zu 100% in Pflegefamilien bzw. Kinderheimen/Kleinstheimen untergebracht. 74% aller Kinder waren misshandelt oder/und missbraucht, 65% besuchten eine Förder- bzw. Geistigbehindertenschule. Die Bezugspersonen waren unzureichend bzw. gar nicht über das Syndrom informiert und hatten häufig eine lange Odyssee hinter sich und erlebten Ausgrenzung und Unverständnis in ihrem Umfeld bedingt durch das Verhalten der Kinder.

Schlussfolgerungen: Der Aufbau eines unterstützenden und präventiven Netzwerkes als generationsübergreifendes Projekt mit den Netzwerkteilnehmern: Hebammen, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter von Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämtern zur Erfassung und Betreuung potentieller Hoch-Risiko-Mütter und ihren Kindern ist essentiell. Bei Fremdunterbringung müssen die Betreuungspersonen umfassend aufgeklärt und unterstützt werden.

Literatur: 1. Pauser, I. (2007): Untersuchung zum Einsatz von Verhaltensfragebögen in der Diagnostik von Fetalen Alkoholspektrum-Störungen. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Humboldt-Universität, Berlin. 2. Hoff-Emden, H. (2007). FASD - Ein häufig verkanntes Syndrom. Verfügbar unter www.kinderaerztekongress-nuernberg-2007.de. 3. Hoff-Emden, H., I. Pauser und H.-L.Spohr: Fetale Alkoholspektrumsstörungen. Häufig verkannte Syndrome. Pädiat. Prax. 72, 707-717 (2008)