Suchttherapie 2009; 10 - S621
DOI: 10.1055/s-0029-1240359

Doppeldiagnosen bei alkoholbezogenen Störungen: Häufigkeit und Inanspruchnahme des Versorgungssystems

T Wessels 1, T Harfst 1
  • 1Bundespsychotherapeutenkammer, Berlin

Ziele/Fragestellungen: Patienten mit Doppeldiagnosen haben in Abhängigkeit von der Schwere der Störungen und bei inadäquater Behandlung oft einen ungünstigen Verlauf und zeichnen sich durch eine hohe Inanspruchnahme des Versorgungssystems aus. Zum Verlauf von schweren Substanz- und psychischen Störungen liegen viele Studien vor, die einen eher chronischen Verlauf und eine ungünstige Prognose belegen (Moggi & Donati, 2004). Zum Verlauf von Suchterkrankungen in Kombination mit „leichten“ psychischen Störungen gibt es weniger Befunde. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Patienten ist jedoch, auch zur Vermeidung einer Chronifizierung, von besonderer Bedeutung. Anhand der Daten des Bundesgesundheitssurveys (1998/99) wird deshalb u.a. den folgenden Fragen nachgegangen:–Wie häufig treten Alkoholstörungen in Kombination mit „leichten“ psychischen Störungen auf?–Welche Gesundheitsleistungen werden von diesen Patienten bevorzugt in Anspruch genommen? - Unterscheidet sich das Inanspruchnahmeverhalten von Personen mit Doppeldiagnosen und Personen, die nur die Diagnose für eine Störung erfüllen?

Methodisches Vorgehen: Eigene Analysen der Daten des Bundesgesundheitssurveys (1998/99) (Robert Koch Institut).

Ergebnisse: 41% der Patienten mit einer alkoholbezogenen Störung erfüllen die Kriterien für eine Doppeldiagnose. Am häufigsten sind Komorbiditäten mit Affektiven- (22%) und Angststörungen (23%). Patienten mit Doppeldiagnosen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Inanspruchnahmeverhaltens von Fach- und Allgemeinärzten signifikant von Patienten, die nur eine alkoholbezogene Störung haben. Deren Inanspruchnahmeverhalten unterscheidet sich kaum von jenen Patienten, die nur an einer psychischen Störung leiden.

Schlussfolgerung: Das Inanspruchnahmeverhalten scheint stärker vom Vorliegen einer psychischen Störung als vom Vorliegen einer Substanzstörung beeinflusst zu werden. Implikationen für die Versorgung werden diskutiert.

Literatur: Moggi F. & Donati R. (2004). Psychische Störungen und Sucht: Doppeldiagnosen. Fortschritte der Psychotherapie. Hogrefe, Göttingen. Robert Koch Institut: Public Use File zum Bundesgesundheitssurvey 1998 (BGS98).