Suchttherapie 2009; 10 - S653
DOI: 10.1055/s-0029-1240373

„Vater sein“ aus der Sicht alkoholabhängiger Väter in stationärer Entwöhnungsbehandlung

J Fritz 1
  • 1Fachhochschule Frankfurt am Main, FB 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Frankfurt am Main

Ziele/Fragestellung:

Im Rahmen der Untersuchung „Alkoholabhängige Väter und ihre Beziehungen zu ihren Kindern und Familien“ wurden alkoholabhängige Väter (n=72) in stationärer Entwöhnungsbehandlung befragt. Die Beziehungen von süchtigen Vätern zu ihren Kindern werden zwischen den Polen geringe und starke emotionale Bindung an die Kinder und Fürsorgenverhalten verortet.

Methodisches Vorgehen:

Die Daten der Studie wurden mit Hilfe eines quantitativen Fragebogens erhoben. Bedingung für den Einschluss in die vorliegende Auswertung ist, aktuell mindestens ein Kind unter/bis 18 Jahren zu haben sowie das vollständige oder zumindest teilweise Aufwachsen mit dem Vater. Ein Vergleich mit den Angaben alkoholabhängiger Mütter (n=65) ist durch Heranziehen von Daten einer vorausgegangenen Untersuchung möglich. Die statistische Auswertung bedient sich neben uni- und bivariaten Analysen multivariater und regressionsanalytischer Auswertungsmethoden.

Ergebnisse:

Die Annahme, alkoholabhängige Väter unterscheiden sich systematisch hinsichtlich ihres Fürsorgeverhaltens, ihres Umgangs bzw. hinsichtlich ihrer Einstellungen gegenüber ihren Kindern von alkoholabhängigen Müttern konnte nicht bestätigt werden. Vielmehr besteht eine deutliche Tendenz der Väter hin zu starken emotionalen Beziehungen zu den eigenen Kindern. Einflussnehmende Faktoren auf diese Beziehung unterscheiden sich jedoch geschlechtsspezifisch.

Schlussfolgerung:

Die eigenen Kinder sind für alkoholabhängige Väter nicht weniger bedeutsam wie für die Mütter. Das Thema Vaterschaft sollte daher im Spannungsfeld von Sucht und Männlichkeitskonstruktionen in stationären Entwöhnungsbehandlungen stärkere Berücksichtigung finden als das sehr oft der Fall ist.

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