Suchttherapie 2009; 10 - S722
DOI: 10.1055/s-0029-1240381

Wie lange und mit welchem Ergebnis nutzen Klienten einen Drogenkonsumraum? Eine Längsschnittstudie

N Scherbaum 1, M Specka 1, B Marrziniak 2, J Bombeck 2
  • 1LVR-Klinikum Essen, Kliniken/Institut der Universität Duisburg-Essen, Klinik f. abh. Verhalten u. Suchtmedizin, Essen
  • 2Suchthilfe Direkt gGmbH, Essen

Ziele: Drogenkonsumräume haben sich in einer Reihe von Ländern sowie in Deutschland etabliert. Wir untersuchen anhand des Drogenkonsumraums in Essen, ob dessen Nutzer der Zielgruppe gesundheitlich gefährdeter Schwerstabhängiger mit Distanz zum Drogenhilfesystem entsprechen, und wie intensiv und mit welchen Resultaten die Klienten den Konsumraum nutzen.

Methodik: Mithilfe eines strukturierten Fragebogens wurden 129 Klienten des Konsumraums bei ihrer Registrierung und bei fortdauernder Nutzung nach 1, 2 3 und 6 Monaten erneut befragt.

Ergebnisse: Die Konsumraumnutzer waren typischerweise männlich mit einer langen Vorgeschichte intravenösen Drogenkonsums und multiplem Substanzgebrauch. In den 3 Monaten vor Registrierung waren 67% aus der Haft entlassen worden oder hatten eine drogenspezifische Behandlung beendet. Fast die Hälfte der Klienten berichtete bei Registrierung von aktuellen Wohnproblemen. Der überwiegende Teil der Klienten konsumierte zumindest zeitweilig in der Öffentlichkeit bzw. auf gesundheitsgefährdende Weise, z.B. mit unsterilen Nadeln. Die mediane Nutzungsdauer des Konsumraums lag bei 5 Wochen. Im Vergleich zur Eingangserhebung fand keine merkliche Reduktion des Risikoverhaltens statt. Psychosoziale Angebote, insbesondere Drogenberatung, wurden vermehrt in Anspruch genommen. Innerhalb der 6 Monate nach Registrierung gingen 37% der Klienten in eine drogenspezifische Behandlung, 17% wurden inhaftiert, 2 Klienten verstarben; 9 Klienten (7%) nutzten den Konsumraum über mindestens 6 Monate.

Schlussfolgerungen Während der Nutzung des Drogenkonsumraums wurde keine merkliche Reduktion riskanten Konsumverhaltens beobachtet. Ein bedeutender Teil der Klienten intensivierte den Kontakt mit drogenspezifischen Hilfsangeboten bzw. trat eine Drogentherapie an. Drogenkonsumräume können insbesondere als Hilfe für Opiatabhängige mit Wohnungsproblemen nach Haftentlassung bzw. nach Abbruch einer Therapie eine Rolle spielen.