Suchttherapie 2009; 10 - S853
DOI: 10.1055/s-0029-1240413

Alkoholbezogene Risikowahrnehmung bei Hausarztpatienten mit auffälligem Alkohol-Screening

G Bischof 1, J Grothues 1, U John 2, HJ Rumpf 1
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck
  • 2Universität Greifswald, Greifswald

Fragestellung: Unter den gesundheitlich riskanten Alkoholkonsummustern stellt riskanter Alkoholkonsum ohne Vorliegen einer Alkoholbezogenen Störung nach DSM-IV die prävalenteste Form dar. Wenig ist darüber bekannt, in welchem Ausmaß Unkenntnis hinsichtlich gesundheitlich bedenklicher Grenzwerte einen Einfluss auf die Aufrechterhaltung entsprechender Trinkmuster aufweist. Methoden: Bei 801 proaktiv rekrutierten, in einem Alkoholscreening auffälligen Hausarztpatienten, wurden im Rahmen der Studie SIP („Stepped Interventions for Problem Drinkers“) Daten zur Einschätzung gesundheitlich unbedenklicher Trinkmengen erhoben. Bei allen Patienten wurde mittels des Munich Composite International Diagnostic Inventory Daten zum eigenen Alkoholkonsum erhoben und eine alkoholbezogene Diagnostik durchgeführt. Zusätzlich zu alkoholbezogenen Störungen wurde riskanter Alkoholkonsum nach der British Medical Association (BMA; 20/30g Alc./die Frauen/Männer) und Vorliegen von Rauschtrinken (60 bzw. 80g/Alc. pro Trinkgelegenheit Frauen/Männer) erhoben. Die Patientengruppe wurde anhand der Angaben risikoarmer Trinkmengen nach den BMA-Kriterien in Personen mit adäquater bzw. inadäquater Risikowahrnehmung dichotomisiert.

Ergebnisse: Patienten mit inadäquater Risikowahrnehmung wiesen eine niedrigere Schulbildung auf, waren häufiger männlich und wiesen häufiger ein riskantes Trinkmuster sensu BMA auf. Fehleinschätzungen in den übrigen riskant konsumierenden Gruppen waren gegenüber den nicht riskant konsumierenden Patienten nicht vermehrt anzutreffen. Schlussfolgerungen: Die Daten legen nahe, dass bei einer Subgruppe riskant konsumierender Personen Wissensdefizite hinsichtlich gesundheitlich bedenklicher Trinkmengen einen Einfluss haben könnte. Dieser Befund könnte zur Erklärung von Studienergebnissen zur Effektivität von Minimalinterventionen beitragen.