Suchttherapie 2009; 10 - S934
DOI: 10.1055/s-0029-1240424

Evaluation schulischer Suchtprävention, Ergebnisse der Evaluationsstudien zur „Initiierten Abstinenz“

J Kalke 1
  • 1Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), Hamburg

Fragestellung: Selbsterfahrungsübungen gewinnen als Methode der Suchtprävention an Bedeutung. Ein Beispiel für eine solche Interventionsart ist die „Initiierte Abstinenz“ (IA), bei der die Schüler während eines zweiwöchigen Zeitraumes auf Sucht- oder Genussmittel (PC-Spiele bis Zigaretten) ganz oder teilweise verzichten. Dahinter steckt die lerntheoretische Annahme, dass das Erleben eines bewussten Verzichts ein eigenverantwortliches Konsumverhalten fördern kann. In bislang vier Evaluationsstudien (Förderer: EU, BZgA), die in verschiedenen Altersstufen und Schultypen durchgeführt worden sind, wurden die kurz- bis langfristigen Effekte der IA untersucht.

Methoden: Die Konsumeffekte wurden in allen Studien in einem Kontrollgruppendesign als Follow-up gemessen. Dabei wurden mit Hilfe von sozialstrukturellen und individuellen Kriterien die Fragebögen der gleichen, aber anonym gebliebenen Person zugeordnet, so dass ein echtes Panel entstehen konnte (3- bis 7-fach Panel). Die Fallzahlen der Panels liegen in den vier Studien zwischen N=1.292 und N=2.985.

Ergebnisse: Es zeigen sich deutlich positive Konsumeffekte, wenn die verzichtenden mit den nicht verzichtenden Schülern in den Experimentalklassen verglichen werden. Dies gilt sowohl für einen kurz- (nach 3 Mo.) als auch mittelfristigen Messzeitpunkt (nach 12 Mo.), aber auch nach zwei und drei Jahren sind die Effekte in abgeschwächter Form vorhanden. Auch ein Vergleich der Verzichter mit der Kontrollgruppe ergibt – vor allem bei jährlicher Wiederholung – positive Ergebnisse, auch wenn sie nicht immer statistisch signifikant sind. Ferner zeigt sich, dass die Effekte gesteigert werden können, wenn die IA mit verhältnispräventiven Maßnahmen kombiniert wird.

Schlussfolgerung: Da sich die Konsumeffekte über die Jahre abschwächen, sollten Modifikationen an der IA erprobt werden, um ihre Effizienz weiter zu erhöhen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, welche Verzichtsgegenstände für welche Altersstufe geeignet sind.

Literatur: Raschke, Peter/Kalke, Jens/Buth, Sven (2008): Evaluation des Rauchverbots an Schulen. Eine vergleichende Untersuchung von verhältnis- und verhaltenspräventiven Maßnahmen, in: Prävention. Zeitschrift für Gesundheitsförderung, 31. Jahrgang, Heft 1/2008, S. 14-17. Kalke, Jens/Raschke, Peter/Buth, Sven (2006): „Initiierte Abstinenz“. Ergebnisse der Evaluation einer suchtpräventiven Verzichtsübung an Schulen, in: Prävention und Gesundheitsförde-rung, 1 (4), S. 219-226. Kalke, Jens/Raschke, Peter (2004): Learning by doing: „Initiated Abstinence“, a school based program for the prevention of addiction. Results of an evaluation study, in: European Addiction Research, 10. Jahrgang, S. 88-94. Raschke, Peter/Kalke, Jens (2002): Lernen durch Verzicht. Konzept und Wirkung des sucht-präventiven Unterrichtsprogramms „Gläserne Schule“, Baltmannsweiler.