Suchttherapie 2009; 10 - S942
DOI: 10.1055/s-0029-1240427

Alkoholtoleranz und mittelfristige Folgeschäden bei alkoholintoxizierten Jugendlichen

US Zimmermann 1, L Heidrich 1, M Kalkbrenner 2, M Kalkbrenner 1, A Lachnit 3, M Kabus 3, M Gahr 4
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Dresden, Dresden
  • 2Universitätsklinikum Dresden Klinif für Psychiatrie und Psychotherapie, Dresden
  • 3Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt, Dresden
  • 4Universitätsklinik Dresden Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dresden

Fragestellung: Der Alkoholkonsum sowie gezieltes Rauschtrinken sind bei Jugendlichen und sogar Kindern weiter im Ansteigen begriffen. In letzter Zeit wurde zwar dessen Häufigkeit mehrfach untersucht, über die damit verbundenen Alkoholspiegel, akuten Gesundheitsgefährdungen sowie Alkoholfolgeschäden ist jedoch wenig bekannt. Methoden: Wir werteten retrospektiv die Krankenblätter aller Patienten der beiden Dresdner Kinderkliniken aus, die von 2003 bis 2008 bei der stationären Aufnahme alkoholintoxiziert waren. Ergebnisse: Wir fanden 583 Fälle (359 Jungen, 224 Mädchen). Im Vergleich zu den Jungen waren die Mädchen jünger (MW 16,0 vs. 16,3 Jahre), hatten niedrigere Alkoholspiegel (1,55 vs. 1,82‰) und einen höheren (d.h. besseren) Punktwert auf der Glasgow Coma Scale (GCS; 12,7 vs. 11,8 Punkte). 59% der Patienten hatten keine oder nur eine leichte Bewußtseinstrübung (GCS 13–15), ihr Blutalkohol lag bei 1,61±0,62‰ (MW±SD). 25% waren mittelgradig bewußtseinsgetrübt (GCS 9–12) und hatten im Mittel 1,75±0,62‰. 15% waren komatös (GCS 3–8) und hatten 2,04±0,64%. Erhöhte Leberenzyme (ASAT, ALAT, gGT) fanden sich bei 3, 2 bzw. 1% der untersuchten Fälle. Schlussfolgerungen: Jungendliche in Dresden trinken bis zu bemerkenswert hohen Blutalkoholspiegeln. Dabei fand sich zwar wie zu erwarten ein statistisch signifikanter positiver Zusammenhang zwischen Blutalkohol und dem Grad der Bewußtseinstrübung, hauptsächlich imponiert jedoch die hohe Variabilität der Alkoholverträglichkeit: Ein großer Anteil der Patienten war trotz relativ niedriger Blutspiegel erheblich bewußtseinsgetrübt, ebensoviele blieben aber trotz hoher Spiegel nahezu unbeeinträchtigt. Da das Ausmaß jugendlicher Alkoholtoleranz positiv mit der Wahrscheinlichkeit späterer Alkoholabhängigkeit korreliert, vermuten wir, dass das biologische Suchtrisiko der hier untersuchten Patienten sehr heterogen ist. Anhand der Laboruntersuchungen fanden sich nur bei einem geringen Anteil der Rauschtrinker Hinweise auf schädlichen Konsum.