Suchttherapie 2009; 10 - S943
DOI: 10.1055/s-0029-1240428

Einstiegsalter und riskanter Alkoholkonsum zu Beginn des Erwachsenenalters: Eigenständiger Risikofaktor oder Korrelat einer erhöhten Anfälligkeit?

AF Buchmann 1, B Schmid 1, D Blomeyer 1, K Becker 2, J Treutlein 1, T Banaschewski 1, M Laucht 1
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Mannheim
  • 2Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Marburg

Fragestellung:

Wer frühzeitig mit dem Alkoholkonsum beginnt, weist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer späteren Abhängigkeit auf. Welche Mechanismen diesem Zusammenhang zugrunde liegen, ist bislang nicht hinreichend geklärt. Die vorliegende Studie übernimmt den Versuch, diesen Sachverhalt in einer deutschen Stichprobe zu replizieren und der Frage nachzugehen, ob es sich hierbei um einen eigenständigen Effekt handelt oder ob Determinanten des frühen Erstkonsums als gemeinsame Hintergrundfaktoren identifiziert werden können.

Methode:

304 Teilnehmer der Mannheimer Risikokinderstudie wurden mit 15 und 19 Jahren zum Alter befragt, in dem sie ihr erstes Glas Alkohol getrunken hatten, sowie mit 19 Jahren zum aktuellen Trinkverhalten. Informationen über psychosoziale Belastungen der Familie, elterlichen Alkoholkonsum und –abhängigkeit, psychische Auffälligkeiten in der Kindheit und belastende Lebensereignisse wurden wiederholt in standardisierten Elterninterviews erfasst. Außerdem wurden die Teilnehmer für ausgewählte Kandidatengene genotypisiert.

Ergebnisse:

Je früher im Entwicklungsverlauf erste Erfahrungen mit Alkohol gesammelt worden waren, desto häufiger zeigten sich riskante Trinkmuster bei den 19-Jährigen. Als bedeutsame Prädiktoren eines frühen Konsumbeginns wurden das Ausmaß vorab bestehender externalisierender Symptomatik und der 5-HTTLPR LL-Genotyp identifiziert. Beide Faktoren, die auch häufigeres Trinken bzw. einen problematischen Konsum im Erwachsenenalter vorhersagten, begründeten allerdings nicht den Zusammenhang zwischen Erstkonsumalter und exzessivem Trinkverhalten mit 19 Jahren.

Schlussfolgerung:

Die Ergebnisse stehen im Einklang mit der Annahme, dass die frühe Alkoholexposition direkte negative Auswirkungen hat und die Entstehung exzessiver Konsummuster, als Vorläufer von Alkoholerkrankungen, begünstigt. Die Verzögerung des Einstiegs in den Alkoholkonsum sollte daher ein wichtiges Ziel der Suchtprävention sein.