Suchttherapie 2009; 10 - S953
DOI: 10.1055/s-0029-1240432

Reduktion des Drogenkonsums durch Selbstkontrolltraining: Die Wirksamkeit des Programms „KISS“–ein Randomized Controlled Trial

G Becker 1, J Körkel 2, V Happel 3, G Lipsmeier 3
  • 1Integrative Drogenhilfe e.V. Frankfurt, Frankfurt
  • 2Evangelische Fachhochschule Nürnberg, Nürnberg
  • 3Fachhochschule Frankfurt am Main, FB 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Frankfurt am Main

Ziele/Fragestellung: Viele DrogenkonsumtenInnen weisen einen multiplen, hohen und abhängigen Substanzkonsum auf. In der vorliegenden Studie wurde geprüft, ob durch das Konsumreduktionsprogramm „KISS“ (= „Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum“; Körkel & Quest Akademie, 2007) der Konsum gesenkt und der Ausstieg aus der Abhängigkeit gefördert werden können.

Methodisches Vorgehen: Design: In einem RCT wurden N=113 KlientInnen dreier niedrigschwelliger Einrichtungen der Frankfurter Integrativen Drogenhilfe per Zufall entweder einer von 12 KISS-Gruppen oder einer von 12 Warte-Kontrollgruppen zugewiesen. Die Treatmenteffekte wurden im Prä-Post-Vergleich sowie einer 6-Monats-Katamnese sowohl mittels ITT- als auch TPP-Analysen geprüft. Erhebungsinstrumente: Konsumerfassung nach modifiziertem Timeline-Follow-Back; Abhängigkeitsdiagnostik nach DSM-IV; Urintestung; Basisdokumentation und körpermedizinische Statuserhebung nach DG-Sucht-Standards. Treatment: KISS umfasst 12 Gruppen- oder Einzeltermine mit den typischen Inhalten verhaltenstherapeutischer Selbstmanagementprogramme (z.B. Führen eines Konsumtagebuches, Festlegen wöchentlicher Konsumziele etc.). Stichprobe: N=113, davon 72% Männer, 39 Jahre, 72% substituiert, 70% arbeitslos, 48% wohnsitzlos, 52% maximal Hauptschulabschluss. Multipler Substanzkonsum von Crack (66%), Heroin (63%), Benzodiazepinen (60%), Cannabis (60%) u.a.m.

Ergebnisse: Die KISS-Gruppe ist der Warte-KG signifikant überlegen im Overall-Reduktionseffekt (Standardkonsumeinheiten/Monat: d=.34; Konsumausgaben/Monat: d=.33) und im Anteil der Personen mit Überwindung von mindestens einer Abhängigkeitsdiagnose. Auf Einzelsubstanzebene ist ein Treatment-Effekt (Gesamtkonsum/Monat, abstinente Tage) für Crack, Kokain, Benzodiazepine, Cannabis und z.T. für Heroin, nicht aber für Alkohol nachweisbar.

Schlussfolgerung: Durch Teilnahme an KISS lassen sich Konsumreduktionen und Konsumkosteneinsparungen erzielen.

Literatur: Körkel, J. & GK Quest (2007). Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum (KISS). Teilnehmerhandbuch und Trainermanual (3. Aufl.). Heidelberg: GK Quest Akademie.