Suchttherapie 2009; 10 - PO15
DOI: 10.1055/s-0029-1240447

Elektrophysiologische Korrelate von Verhaltensinhibition und Entscheidungsprozessen bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit

O Pogarell 1, H Merz 1, G Koller 1, E Karamatskos 1, C Mulert 1, P Bouna-Pyrrou 1, S Karch 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Einleitung: Bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit treten häufig kognitive Störungen auf, vor allem im Bereich der exekutiven Fähigkeit. Ereigniskorrelierte evozierte Potentiale bieten die Möglichkeit, diese Defizite zu untersuchen. In einer klinisch prospektiven Studie, wurden bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit elektrophysiologische Korrelate von Beeinträchtigungen beim Treffen von Entscheidungen und von Verhaltenskontrollprozessen untersucht.

Methoden: Es wurden je 17 stationäre Patienten mit Alkoholabhängigkeit und gesunde, altersgematchte Kontrollpersonen in die Studie eingeschlossen. Bei der Patientengruppe wurde die Untersuchung zweimal durchgeführt. Die erste Messung erfolgte ca. 24 Stunden nach der stationären Aufnahme. Die zweite Messung wurde 13 Tage später, nach Entzugstherapie durchgeführt. Verwendet wurde ein adaptiertes Go/NoGo-Paradigma, welches drei verschiedene Bedingungen umfasst: 1. Bei „Go“ sollen die Probanden, nach akustischen Stimuli mit Tastendruck reagieren; 2. Bei „NoGo“ soll nicht reagiert werden (Inhibition); 3. Die „Entscheidungs-Bedingung“ bedeutet die freie Wahl über Reaktion/nicht Reaktion. Die Tonkombinationen wurden in pseudorandomisierter Reihenfolge präsentiert. Die evozierten Potentiale wurden mit einem 32-Kanal-EEG aufgezeichnet (BrainProducts, München).

Ergebnisse und Ausblick: Gesunde zeigten eine inhibitions–assoziierte Positivierung vor allem in Fz und Cz nach ca. 250 ms. Diese war bei den alkoholabhängigen Patienten geringer ausgeprägt. Nach dem Entzug war die Positivierung etwas größer als vor dem Entzug. Beim Treffen von Entscheidungen zeigten sich bei Kontrollpersonen neben der Positivierung in Fz und Cz eine N2 nach 200ms. Bei Patienten trat keine N2 auf. Insgesamt sprechen die Ergebnisse für eine fronto-zentrale Beteiligung bei der Inhibition von Verhaltenstendenzen und dem Treffen von Entscheidungen. Bei Patienten zeigten sich veränderte Hirnfunktionen, die sich durch einen Entzug nur zum Teil verminderten.