Suchttherapie 2009; 10 - PO71
DOI: 10.1055/s-0029-1240499

Verlangen nach Cannabis = Scheitern einer Therapie?

A Rühlmann 1, E Hoch 1, A Pixa 1, K Dittmer 1, G Bühringer 1, HU Wittchen 1
  • 1Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie Technische Universität Dresden, Dresden

Ziel/Fragestellung: Verlangen wird häufig als eine Komponente der Abhängigkeit beschrieben. Es führt zu fortgesetztem Substanzkonsum und Rückfällen nach einer Behandlung oder während Abstinenzzeiten (Pickens & Johanson, 1992). Während für die meisten anderen legalen und illegalen Drogen Verlangen und dessen Rolle in der Therapie thematisiert wurde, ist bei Cannabis die Datenlage defizitär. Aufgrund des Wissensdefizites soll überprüft werden, welche Rolle das Verlangen bei vorzeitigem Abbruch der Behandlung hat.

Methodisches Vorgehen: Im Rahmen der 2007–2009 durchgeführten multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Studie „Implementierung der gezielten Therapie für Cannabisstörungen ‘CANDIS‘ in das ambulante deutsche Suchthilfesystem“ wurden N=231 Patienten mit problematischem Cannabiskonsum (≥ 16J.) in 11 Suchthilfeeinrichtungen in Deutschland untersucht. Zur Erfassung von Verlangen wurden die 12 Items des MCQ–12 (Marijuana Craving Questionnaire, Heishman et al., 2001) ins Deutsche übersetzt. Der MCQ–12 wurde den Patienten im Verlauf von 10 Therapiesitzungen sowie drei und sechs Monate nach der Therapie vorgegeben. Mittels logistischer Regression wurde der Zusammenhang zwischen Verlangen und vorzeitigem Abbruch der Therapie untersucht.

Ergebnisse: Von den N=231 Patienten, die die Therapie begonnen haben, berichteten 89% über den gesamten Therapieverlauf starkes Verlangen. 32% der Patienten brachen die Therapie vorzeitig ab, 68% beendeten die Therapie regulär. Logistische Regressionsanalysen zeigen, dass Verlangen kein signifikanter Prädiktor für den vorzeitigen Abbruch der Therapie (OR 1.26) ist.

Schlussfolgerung: Verlangen konnte nicht als signifikanter Prädiktor für den vorzeitigen Abbruch der Therapie nachgewiesen werden. Trotzdem erlebt der Großteil der Patienten im Verlauf der Therapie starkes Verlangen, weshalb es als relevantes Therapiethema betrachtet und in weiteren Studien untersucht werden sollte (Hoch et al., subm.).

Literatur: Heishman, S.J., Singleton, E.G. & Liguori, A. (2001). Marijuana Craving Questionnaire: development and initial validation of a self-report instrument. Addiction, 96, 1023-1034. Hoch, E., Noack, R., Henker, J., Rohrbacher, H., Pixa, A., Höfler, M., Bühringer, G. & Wittchen, H.-U. (eingereicht). Efficacy of a Cognitive-Behavioral Treatment Program for Cannabis Use Disorders (CANDIS*). Drug and Alcohol Dependence. Pickens, R.W. & Johanson, C.E. (1992). Craving: consensus of status and agenda for future research. Drug and Alcohol Dependence, 30, 127-131.