Z Gastroenterol 2009; 47 - V24
DOI: 10.1055/s-0029-1241241

Reizdarmsyndrom diagnostiziert nach Rom III Kriterien ist nicht assoziiert mit rektaler Hypersensitivität ermittelt durch rektale Barostat Distension: Eine prospektive Studie

V Andresen 1, H Hohendorf 1, A Sumenko 1, J Keller 1, P Layer 1
  • 1Israelitisches Krankenhaus, Medizinische Klinik, Hamburg, Germany

Einleitung: Reduzierte Schmerzschwellen bei rektaler Ballondistension deuten auf eine viszerale Hypersensitivität hin, die als bedeutender Pathomechanismus des Reizdarmsyndroms (RDS) gilt. Bei Patienten mit chronischen abdominellen Beschwerden konnten abgestufte Schmerzschwellen das RDS nach Rom II mit folgenden Sensitivitäten/Spezifitäten diagnostizieren: 28mmHg: 63%/100%; 32mmHg: 77%/92%; 40mmHg: 91%/80%1.

Ziel: Festzustellen, ob diese Schwellen auch das RDS nach den neuen Rom III Kriterien identifizieren.

Methodik: Bei 39 konsekutiven Patienten mit chronischen abdominellen Beschwerden und ohne Anhalt für eine zugrunde liegende strukturelle Erkrankung nach Anamnese, Labor und Endoskopie wurden rektale Barostat-Ballondistensionen mit stufenweiser Drucksteigerung von 0 bis 48mmHg appliziert. Die Patienten bewerteten jeden Stimulus graduell mit 0=“Keine Wahrnehmung“ bis hin zu 7=“Schmerz“ (=Schmerzschwelle). RDS wurde diagnostiziert mit dem Rom III Fragebogen. Assoziationen wurden mit Chi-Quadrat getestet.

Ergebnisse: 69% der Patienten erfüllten die RDS- Diagnose nach Rom III. Eine rektale Hypersensitivität (RH), definiert nach den Schmerzschwellen-Kategorien 28, 32 oder 40mmHg, fand sich jeweils bei 36%, 47% oder 69% der Patienten. Für keine Kategorie gab es eine Assoziation zwischen der Diagnose RDS und dem Vorliegen einer RH. Die mittleren Schmerzschwellen zwischen RDS und Nicht-RDS waren vergleichbar. Auch gab es keine Assoziation zwischen einer RH und dem anamnestischen Vorliegen von häufigen abdominellen Schmerzen.

Schlussfolgerung: RDS nach Rom III mit und ohne Schmerzdominanz war nicht assoziiert mit einer RH. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass

  • die Rom III Kriterien möglicherweise andere Patienten identifizieren als die früheren Rom II Kriterien; und/oder, dass

  • der Beitrag einer RH zur Pathogenese der Schmerzen bei RDS geringer ist als bisher angenommen.

Dies wird auch unterstützt durch eine neue Studie, bei der nur 21% der Patienten mit RDS (Rom II) eine RH aufwiesen2. Bestätigen sich diese Befunde, wären die pathophysiologische Rolle und der diagnostische Wert der RH beim RDS neu zu überdenken.

Literatur:

[1] Bouin et al. Gastroenterology 2002;122:1771–1777

[2] Camilleri et al. Clin Gastroenterol Hepatol 2008;6:772–781