Z Gastroenterol 2009; 47 - P116
DOI: 10.1055/s-0029-1241367

Differentieller Einfluss von HBeAg-negativen Stämmen auf die Replikationsfähigkeit von Entecavir-resistenten Hepatitis B Virus Mutationen

S Amini-Bavil-Olyaee 1, C Trautwein 1, F Tacke 1
  • 1Universitätsklinikum Aachen, Medizinische Klinik III, Aachen, Germany

Einleitung: Entecavir (ETV) ist eine neue effektive Therapieoption für Patienten mit chronischer Hepatitis B Virus (HBV) Infektion. Resistenzen treten vergleichsweise selten auf, weil hierfür eine Kombination aus mehreren Mutationen in der HBV-Polymerase, nämlich aus Lamivudin (LAM)-Resistenz plus eine spezifische ETV-Resistenzmutation, erforderlich ist. Precore (PC)- und Basal Core Promoter (BCP)-Mutationen sind typisch für die HBeAg-negative Hepatitis B. Wir zeigten zuvor, dass PC- oder BCP-Mutationen die Replikation LAM-resistenter HBV-Stämme steigern.

Ziele: Untersuchung des funktionellen Einflusses von PC- und BCP-Mutationen („HBeAg-Negativität“) auf die Replikationsfähigkeit bei ETV-Resistenz.

Methodik: Wir haben replikationskompetente HBV-Konstrukte mit LAM-Resistenz (rtM204I, rt180M/rtM204V) sowie mit verschiedenen ETV-Resistenzmutationen (rtS202G, rtS202I, rtT184G) generiert und dann mit PC- bzw. BCP-Mutationen kombiniert. Nach transienter Transfektion in humanen Hepatomzellen wurde die Replikationsfähigkeit durch Quantifizierung intrazellulärer HBV-RNA (Northern Blot), intrakapsider HBV-DNA (Dot Blot), HBV-Kopienzahl (quantitative real-time PCR) und HBsAg-/HBeAg-Konzentrationen (ELISA) bestimmt.

Ergebnisse: Gegenüber Wildtyp (WT) oder LAM-Resistenz zeigen Konstrukte mit ETV-Resistenz signifikant niedrigere Replikationsraten. Im Fall der rtS202G Mutation, der häufigsten ETV-Resistenzvariante, können zusätzliche PC oder BCP-Mutationen die Replikationsfähigkeit erhöhen, ohne allerdings die WT-Replikation zu erreichen. Für die rtS202I- oder rtT184G-Varianten ist kein Effekt der PC/BCP-Mutationen nachweisbar. Alle ETV-resistenten Konstrukte, auch in Kombination mit PC/BCP-Mutationen, bleiben in vitro resistent gegenüber Entecavir, sind aber gegenüber Tenofovir empfindlich.

Schlussfolgerungen: Entecavir-resistente HBV Stämme zeigen eine deutlich reduzierte Replikationsfähigkeit verglichen mit WT oder alleiniger LAM-Resistenz. Das zusätzliche Vorliegen von PC- oder BCP-Mutationen verstärkt nur moderat die Replikation von rtS202G-Polymerasemutationen, hat aber keinen Einfluss auf rtS202I- oder rtT184G-Mutanten. Diese Daten können molekularbiologisch das niedrige Risiko zur Entwicklung von ETV-Resistenz, gerade auch bei HBeAg-negativen Patienten, begründen.