Diabetes aktuell 2009; 7(8): 347
DOI: 10.1055/s-0029-1245039
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Molekularer Schalter entdeckt - Bewegung kommt mit dem Appetit

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Publication Date:
07 January 2010 (online)

 

Ein Körper, der zu oft Nahrung erhält, gerät in den Sog von Bewegungsarmut, Fettleibigkeit und letztlich Diabetes. Auslöser ist ein molekularer Schalter, der durch Insulin gesteuert wird.

Am Morgen wie ein Kaiser, am Mittag wie ein Bürger, am Abend wie ein Bettelmann. Nichts dazwischen, kein Snack, nichts Süßes, auch nichts so genannt Gesundes. Denn: um gesund zu bleiben, braucht der Körper Fastenzeiten zwischen den Mahlzeiten. Die Forschungsgruppe von Markus Stoffel, Professor am Institut für Molekulare Systembiologie der ETH Zürich, zeigt einen wichtigen molekularen Mechanismus auf, welcher der Bewegungsarmut und damit der Fettleibigkeit zugrunde liegt.

Zentraler Schalthebel dabei ist ein Transkriptionsfaktor namens Foxa2. Foxa2 kommt in der Leber vor, wo es die Fettverbrennung beeinflusst, aber auch in 2 wichtigen Nervenzellbeständen im Hypothalamus. Steuerelement für die Aktivität von Foxa2 ist Insulin, und zwar sowohl in der Leber als auch in der Hirnregion. Nimmt der Mensch Nahrung auf, schütten die Betazellen Insulin aus. Dieses hemmt Foxa2. Im nüchternen Zustand, also beim Fasten, fehlt Insulin, und Foxa2 ist aktiv. Im Hirn, so zeigen die Forscher auf, fördert Foxa2 die Bildung von 2 Eiweißstoffen, MCH und Orexin. Diese beiden Hirnbotenstoffe lösen verschiedene Verhaltensweisen aus: Nahrungsaufnahme und spontane Bewegung.

Bei fettleibigen Mäusen haben die Forscher eine Störung entdeckt: in diesen Tieren ist Foxa2 permanent inaktiv, egal ob die Tiere nüchtern oder gesättigt sind. Dies erklärt ein seit längerem bekanntes, aber nicht erklärbares Phänomen: die Bewegungsarmut von fettleibigen Menschen und Tieren. Die Forscher züchteten Mäuse, in deren Gehirn Foxa2 stets aktiv ist, egal ob sie gerade gefressen haben oder nüchtern sind. Diese Mäuse produzieren mehr MCH und Orexin und bewegen sich fünfmal mehr als gewöhnliche Tiere, bei denen Insulin Foxa2 nach dem Essen ausgeschaltet ist oder die fettleibig sind. Die genetisch veränderten Mäuse verlieren Fettgewebe und bilden größere Muskeln aus. Zucker- und Fettstoffwechsel laufen bei ihnen auf Hochtouren und ihre Blutwerte sind deutlich verbessert.

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