Rofo 2010; 182(5): 384
DOI: 10.1055/s-0030-1249453
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Pädiatrie - Schädel-Hirn-Trauma: Wann ist eine CT vermeidbar?

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Publication Date:
30 April 2010 (online)

 

Weniger als 10 % der Kinder mit leichteren Schädel-Hirn-Traumen haben in der CT Hirnverletzungen. Mit der Untersuchung ist eine nicht unerhebliche Strahlenbelastung verbunden. N. Kuppermann et al. identifizierten Prädiktoren für eine angemessene Indikationsstellung. Lancet 2009; 374: 1160-1170

In der Untersuchung zeigte sich, dass das Lebensalter entscheidende Bedeutung hat und für Kinder > 2 Jahre andere Kriterien bedeutsam sind als bei Kleinkindern. An der prospektiven Kohortenstudie nahmen 25 Zentren teil. Daten von 42 412 Patienten standen zur Verfügung. Kinder mit neurologischen Vorerkrankugen, Komplikationen oder penetrierenden Schädeltraumen wurden nicht in die Studie aufgenommen. Das Durchschnittsalter betrug 7,1 Jahre.

90 % der Verletzungen waren isolierte Schädeltraumen, die überwiegend durch Stürze aus der Höhe, Aufprall-und Verkehrsunfälle auftraten. 14 969 Patienten erhielten eine CT. Klinisch relevante Traumen lagen bei 0,9 und 0,8 % vor. 15,9 % dieser Kinder wurden neurochirurgisch versorgt. Bei Kindern < 2 Jahren waren ein unnormaler mentaler Status, nicht frontale Schädelhämatome, Bewusstseinsverlust, ein schwerwiegender Unfallmechanismus, eine tastbare Fraktur und ungewöhnliches Verhalten wesentliche Hinweise auf eine klinisch relevante Gehirnverletzung. Das Risiko betrug bei verändertem Mentalstatus oder tastbaren Frakturen 4,4 %, bei Vorliegen eines anderen Kriteriums 0,9 %. Waren alle Punkte negativ, hatten 0,02 % eine relevante Verletzung.

Für die älteren Kinder unterschieden sich die Diskriminierungsparameter. Neben einem auffälligen mentalen Zustand, Bewusstseinsverlust, schwerem Unfallmechanismus und der tastbaren Fraktur wurden hier Kopfschmerzen und Erbrechen erfragt. Auch hier bestand für Kinder, die keines der Kriterien erfüllten, mit 0,05 % nur ein sehr geringes Risiko für eine in der CT sichtbare, klinisch relevante Kopfverletzung.

Aus den Ergebnissen entwickelten Kuppermann et al. einen Entscheidungsbaum. Nur bei tastbaren Frakturen oder Bewusstseinsveränderungen sei eine sofortige CT notwendig. Wenn andere Entscheidungskriterien erfüllt seien, käme eine CT vor allem im Zusammenhang mit anderen klinischen Gesichtspunkten und je nach der Erfahrung des behandelnden Arztes in Betracht. Treffen die Parameter insgesamt nicht zu, sei eine CT mit einer hohen Sicherheit verzichtbar.

In der Schädel-CT sind mehrere Frakturen (Pfeile) zu erkennen (Bild: Radiologische Uniklinik Tübingen).

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