Fragestellung: Geminigraviditäten (GG) sind mit erhöhter perinataler Morbidität und Mortalität assoziiert.
Insbesondere die Morbidität des zweiten Geminus ist aufgrund von intrapartaler Hypoxie
von besonderem Interesse. Der Einfluss des Entbindungsintervalls (EI) auf das neonatale
Outcome wird kontrovers diskutiert. Während zahlreiche Studien belegen, dass das Risiko
einer fetalen Azidose des zweiten Zwillings mit zunehmendem EI steigt und dass daher
das EI möglichst kurz zu halten ist, maßen wiederum andere Studien dem EI geringere
Bedeutung bei. In unserer retrospektiven Analyse untersuchten wir das neonatale Outcome
des 2. Geminus abhängig vom EI zwischen 1. und 2. Geminus. Weiters versuchten wir
festzustellen, ob es einen Cut-off-Wert gibt, ab welchem EI es zu einer signifikant
erhöhten Morbidität des 2. Geminus kommt. Methodik: Im Zeitraum von 1993 bis 2002 wurden insgesamt 300 GG mit einem Gestationsalter von
mehr als 34+0 Schwangerschaftswochen an der Frauenklinik Graz entbunden. GG, bei welcher
Geminus 1 und 2 per Sectionem entbunden wurden, wurden exkludiert. Insgesamt 207 GG
mit abgeschlossener 34. Schwangerschaftswoche ohne antenatale Komplikationen wurden
in die Studie eingeschlossen. Wir unterteilten die Studienpopulation in 2 Gruppen:
In Gruppe A wurden unkomplizierte Geburten inkludiert, bei welcher Geminus 1 und 2
spontan aus Schädellage entbunden wurden. In Gruppe B wurden jene GG eingeschlossen,
welche mittels Sectio des 2. Geminus, Forceps, Vacuumextraktion oder Manualhilfe entbunden
wurden. Wir untersuchten die Korrelation des Entbindungsintervalls zum fetalen Outcome.
(arterieller und venöser Nabelschnur-pH, Apgar-Score 1,5 und 10 des 2. Geminus). Ergebnisse: Das mittlere Gestationsalter lag bei 37,49 (Range 35–42), das mediane Entbindungsintervall
betrug in Gruppe A 13,0 Min (Range 0–173), in Gruppe B 10,0 Min (Range 0–76). Es fand
sich in beiden Gruppen keine signifikante Korrelation zwischen dem EI und dem arteriellen
und venösen Nabelschnur pH-Wert des 2. Geminus. Der Apgar1-Score sank tendenziell
mit steigendem El, während bei Apgar 5 und 10 keine signifikante Korrelation festgestellt
werden konnte. Schlussfolgerung: Es fand sich kein Zusammenhang zwischen der Morbidität des zweiten Geminus und dem
EI. Unsere Daten zeigen, dass bei unauffälligem Kardiotokogramm des 2. Geminus durchaus
ein exspektatives Management gerechtfertigt ist.