Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2011; 6(3): 175-196
DOI: 10.1055/s-0030-1256484
Beckengürtel und untere Extremität

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tibiakopffrakturen – aktuelle Therapiekonzepte

M.  Zeuner1 , K.  Schmidt-Horlohé1 , R.  Hoffmann1
  • 1Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 June 2011 (online)

Tibiakopffrakturen treten selten auf, erfordern jedoch als häufig komplexe Gelenkfrakturen besondere Aufmerksamkeit. Es wird unterschieden zwischen „High-Energy”-Traumata bei vorwiegend jungen Patienten und osteoporotischen Frakturen bei Älteren im Rahmen von einfachen Stürzen sowie zwischen direkten Anpralltraumen und der indirekten axialen Krafteinleitung über den Unterschenkel. Im klinischen Alltag haben sich die morphologische Einteilung der Plateau- und Trümmerfrakturen nach der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO) und der Luxationsfrakturen nach Moore bewährt.

Ergänzend zur Erhebung der Unfallanamnese und klinischen Untersuchung sollte die bildgebende Diagnostik mit Standardröntgen (a.–p. und seitlich), CT mit multiplanaren Rekonstruktionen (Plateaufrakturen) und MRT-Untersuchung (Luxationsfrakturen, V.a. ligamentäre Begleitverletzungen) ausgeschöpft werden, um eine genaue Kenntnis der Verletzungsschwere zu erlangen.

Bei der Planung der Behandlung muss wichtigen Aspekten wie Unfallzeitpunkt, Weichteilschaden, drohendem Kompartmentsyndrom, Frakturmorphologie, Begleitverletzungen, Patientenalter und -compliance Rechnung getragen werden. In der Regel besteht eine Operationsindikation und es sollte bereits initial das Operationsverfahren, die Zugänge und notwendige Repositionshilfen geplant werden.

Interfragmentäre Kompression im Bereich der Gelenkfläche ist zur Vermeidung der Tibiakopfverbreiterung häufig erforderlich. Metaphysäre Trümmerzonen können vorteilhaft mit winkelstabilen Plattenfixateuren zum Schaft überbrückt werden. Anatomisch angepasste Formplatten bieten bei dorsal orientierten Spezialzugängen Vorteile. Meniskusabrisse oder Bandausrisse werden primär refixiert. Komplexe Bandrekonstruktionen werden ebenso wie knöcherne Korrektureingriffe sekundär im Intervall durchgeführt. Im Rahmen der osteosynthetischen Versorgung ist die bestmögliche Rekonstruktion der Gelenkfläche und der Achs- und Rotationsverhältnisse unter Erreichen einer übungsstabilen Situation mit der Möglichkeit einer frühfunktionellen Nachbehandlung zu fordern, um Verletzungsfolgen wie Gelenkeinsteifung und Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose zu vermeiden oder zumindest zu verzögern.

Literatur

  • 1 Frosch K H, Balcarek P, Walde T et al. Ein modifizierter posterolateraler Zugang für die operative Versorgung von Tibiakopffrakturen.  Oper Orthop Traumatol. 2010;  22 107-119
  • 2 Galla M, Lobenhoffer P. Der direkte dorsale Zugangsweg zur Versorgung posteromedialer Luxationsfrakturen des Tibiakopfes.  Unfallchirurg. 2003;  106 241-247
  • 3 Gustilo R B, Anderson J T. Prevention of infection in the treatment of thousand and twenty-five open fractures of long bones: retrospective and prospective analysis.  J Bone Joint Surg Am. 1976;  58 453-458
  • 4 Heiss C, Schieker M, Schnettler R. Implantation von Knochenersatzmaterialen bei Tibiakopffrakturen.  Unfallchirurg. 2008;  111 621-627
  • 5 Kreutzer C, Sauerbier M. Plastische Rekonstruktion am Beispiel der unteren Extremität.  Orthopädie und Unfallchirurgie up2date. 2010;  5 97-124
  • 6 Lobenhoffer P, Gerich T, Bertram T et al. Spezielle posteromediale und posterolaterale Zugänge zur Versorgung von Tibiakopffrakturen.  Unfallchirurg. 1997;  100 957-967
  • 7 Outerbridge H K, Outerbridge A R, Outerbridge R E. The use of a lateral patellar autologous graft for the repair of a large osteochondral defect in the knee.  J Bone Joint Surg Am. 1995;  77 65-72
  • 8 Raschke M, Zantop T, Petersen W. Tibiakopffraktur.  Chirurg. 2007;  78 1157-1171
  • 9 Thomann K-D, Schröter F, Grosser V. Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung – Praxis der klinischen Begutachtung.. 1 Aufl. München: Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH; 2008
  • 10 Trickey E L. Rupture of the posterior cruciate ligament of the knee.  J Bone Joint Surg Br. 1968;  50 334-341
  • 11 Tscherne H, Oestern H J. Die Klassifizierung des Weichteilschadens bei offenen und geschlossenen Frakturen.  Unfallheilkunde. 1982;  85 111

Dr. med. Mike Zeuner

BG Unfallklinik Frankfurt am Main

Friedberger Landstr. 430
60389 Frankfurt am Main

Phone: 069/475-0

Fax: 069/475-2221

Email: mike.zeuner@bgu-frankfurt.de

    >