ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(6): 277
DOI: 10.1055/s-0030-1262934
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kurz, kürzer, weg?

Cornelia Gins
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Publication Date:
08 July 2010 (online)

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen steigen weiter. Ein Narr, wer geglaubt hat, der Fond könnte das Problem lösen. Gesundheitsminister Rösler, hat erneut einen Vorstoß in Richtung Kopfpauschale und weitere Finanzierungsmöglichkeit unternommen – bis jetzt ohne Erfolg. Die Ausgaben sollen nun mal wieder gekürzt werden. Ich möchte das nicht weiter kommentieren, mir fehlt hier auch die Kompetenz. Nichtsdestotrotz macht man sich als niedergelassener Mediziner Gedanken, wann wohl das Ende von „kurz“ erreicht sein wird. Denn es ist davon auszugehen, dass „kürzen“ weniger Honorar für uns heißen wird. Alle anderen Modelle sind unbequem, nicht wahlbegünstigend, also schlecht vermittelbar. Neben dem „Kürzen“ sieht die Politik die Stärkung der Selbstverantwortung der Patienten für ihre Gesundheit als Möglichkeit, die Ausgaben zu verringern. Mit anderen Worten, weniger Besuche beim Arzt zum Beispiel durch präventive Lebensführung. Im Schnitt sitzt der deutsche Bundesbürger 18-mal im Jahr beim Arzt. Weit aus mehr als die Dänen, Schweden oder Franzosen. Wenn ich mal die ganzen angebotenen und auch gewollten Vorsorgeuntersuchungen mit den eventuellen Folgebehandlungen addiere, habe ich die 18-mal ganz schnell zusammen. Das gilt aber offensichtlich nicht als Selbstverantwortung. Ist schon klar, gemeint ist natürlich: Übergewicht abbauen durch gesunde (!?) Ernährung, regelmäßig Sport treiben und so. Die Patienten sollten mehr über die Gefahren ihres „Lebenswandels“ aufgeklärt werden, so der allgemeine Tenor. Ich bin sicher, dass wir eine medizinisch sehr aufgeklärte Gesellschaft sind und das durch alle „Schichten“. Soviel wie in den Medien jeglicher Couleur über Gesundheit gesprochen, geschrieben und gesendet wird, hat es noch nie gegeben. Wir sind sozusagen aufgeklärt ohne Ende. Wenn wir trotzdem so leben, wie wir leben, hat das wohl andere Gründe. Darauf zu hoffen, dass die Patienten das Kostenregulative sein können, erscheint mir daher unwahrscheinlich. Will man die jetzige Beitragsregelung nicht überarbeiten, wird es wohl wieder an den Medizinern hängen bleiben. Mal abgesehen von den Honoraren wird der Gesetzgeber nicht müde, immer neue Varianten zu erfinden, uns den Arbeitsalltag zu „versüßen“. Neben dem immer aufgeblähteren Verwaltungsapparat, sind die vom G-BA erarbeiteten Richtlinien über einrichtungs- und sektorenübergreifende Maßnahmen der Qualitätssicherung ein ziemlicher Hammer. Ich musste diesen Abschnitt in der DZW 22/10 2-mal lesen, ich konnte es nicht glauben. Warum werden solche Anforderungen immer nur an Mediziner und ihre Behandlung gestellt? Mir würden in puncto Qualitätssicherung noch ganz andere Berufsgruppen einfallen. Wie wäre es mit einer Kürzung der Honorare für schlechte politische und wirtschaftliche Entscheidungen?

Nach kurz kommt weg. Aber nicht mit uns. Mehr denn je ist ein Schulterschluss in der Standespolitik erforderlich. Ich hoffe (!), auf unsere Selbstverwaltung und auf die Chance der großen Politik zeigen zu können, dass persönliche Befindlichkeiten, wenn es darauf ankommt, für eine gemeinsame Sache zurückgestellt werden können.

Ihre

Cornelia Gins

Cornelia Gins

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