Hintergrund: Voraussetzung für die Elimination der Masern bis zum Jahr 2010, einem WHO-Gesundheitsziel,
ist eine hohe Durchimpfungsrate und eine aktive Falluntersuchung. In Deutschland besteht
gemäß Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht für Masernerkrankungen, es wird aber
von einer Untererfassung durch das Meldesystem ausgegangen. Ziel der Studie war es,
das Verhältnis zwischen den gemäß Infektionsschutzgesetz erhobenen Meldedaten und
den bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechneten Maserndiagnosen während und
nach eines Ausbruchs in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2006 und 2007 zu bestimmen.
Methoden: Es wurden die Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Nordrhein-Westfalen
mit Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Nordrhein und Westfalen-Lippe in
den Jahren 2006 und 2007 verglichen. Die Studienpopulation besteht aus den gesetzlich
krankenversicherten Personen in Nordrhein-Westfalen (n=15,4 Millionen; dies entspricht
85,5% der Einwohnerzahl). Die Inzidenzrate anhand der KV-Daten berechnet sich aus
Maserndiagnosen pro 100.000 gesetzlich Krankenversicherte. Ergebnisse: In den Jahren 2006 und 2007 wurden durch Ärzte mit KV-Zulassung 2.534 Masernerkrankungen
diagnostiziert. Von diesen waren 69% unter 5 Jahre alt und 15,5% entwickelten Komplikationen.
Das Meldesystem erfasste im gleichen Zeitraum 2.014 Fälle. Während des Ausbruches
im ersten Halbjahr 2006 wurden 1.713 Maserndiagnosen abgerechnet und 1.665 Masernfälle
über das Meldesystem erfasst. In Zeiten mit sporadisch auftretenden Masern im zweiten
Halbjahr 2006 und im Jahr 2007 wurden 821 Maserndiagnosen abgerechnet und 349 Masernfälle
übermittelt. Im Vergleich zu übermittelten Masernfällen gemäß Infektionsschutzgesetz
wurden Fälle in jüngeren Altersgruppen häufiger abgerechnet als in höheren Altersgruppen.
Schlussfolgerungen: Der Anteil der gemäß Infektionsschutzgesetz gemeldeten Masernfälle war während des
Ausbruchs größer als in Zeiten mit sporadisch auftretenden Masern, in denen die Untererfassung
somit ausgeprägter war. Durch die Nichtmeldung von Fällen werden Fallermittlungen
durch die Gesundheitsbehörden verhindert. Diese sind jedoch notwendig, um dem Ziel
näher zu kommen, die Masern zu eliminieren.