Gesundheitswesen 2010; 72 - P213
DOI: 10.1055/s-0030-1266720

Stillverhalten als Zielvariable kindlicher Gesundheit und Entwicklung im Rahmen Früher Hilfen

V Kurtz 1, T Jungmann 2
  • 1Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Hannover
  • 2Universität Rostock, ISER, Rostock

Hintergrund: Der positive Einfluss des Stillverhaltens auf die kindliche Gesundheit und Entwicklung ist gut belegt. Allerdings werden Kinder von sozial benachteiligten Müttern, Raucherinnen oder Kinder mit Geburtskomplikationen signifikant seltener gestillt, woraus sich Nachteile für ihre Entwicklung ergeben können. Im Rahmen des Modellprojektes „Pro Kind“, das sich zum Ziel gesetzt hat, das mütterliche Gesundheitsverhalten finanziell und sozial risikobelasteter Mütter zu verbessern und darüber die kindliche Gesundheit und Entwicklung positiv zu beeinflussen, stellt auch das Stillverhalten ein zentrales Thema dar. In diesem Beitrag wird die Wirksamkeit des Hausbesuchsprogramms „Pro Kind“ auf die Stillabsicht, das Stillverhalten und die Stilldauer hochrisikobelasteter Mütter im Rahmen eines randomisierten Kontrollgruppendesigns betrachtet. Methoden: Zu mehreren Erhebungszeitpunkten während und nach der Schwangerschaft werden N=755 in das Projekt aufgenommene Frauen aus Treatment- und Kontrollgruppe im standardisierten Face-to-Face-Interview u.a. zum Thema Stillen befragt. Die kindliche Entwicklung wird mit den BSID-II im Alter von sechs, 12 und 24 Monaten erfasst. Ergebnisse: Die in der Literatur gefundenen positiven Zusammenhänge zwischen dem Stillverhalten, der Dauer des Stillens und den Zielvariablen der kindlichen Gesundheit und Entwicklung lassen sich in der vorliegenden Untersuchung insbesondere für die kognitive Entwicklung bestätigen. Eine Wirkung des Treatments auf das Stillverhalten ist allerdings nicht nachweisbar. Allerdings erreichen die gestillten Kinder in der Treatmentgruppe die höchsten MDI-Skalenwerte in den BSID-II im Alter von sechs und 12 Monaten, gefolgt von den gestillten Kontrollgruppenkindern. Während bei den nie gestillten Kontrollgruppenkindern die MDI-Skalenwerte bis zum Alter von 12 Monaten absinken, steigen sie bei den nie gestillten Treatmentgruppenkindern an. Diskussion: Die vorliegenden Befunde bestätigen das Stillverhalten als wichtige Zielvariable Früher Hilfen und unterstreichen ihre Förderung und Thematisierung im Rahmen der Begleitung durch „Pro Kind“. Offene Forschungsfragen betreffen weitere Determinanten des Stillverhaltens, wie z.B. die Mutter-Kind-Bindung, die möglicherweise durch den Einsatz des CARE-Indexes zur Erfassung der mütterlichen Feinfühligkeit im Rahmen der Begleitforschung beantwortet werden können.