Z Gastroenterol 2010; 48 - K24
DOI: 10.1055/s-0030-1267674

Erstmanifestation eines akuten Morbus Crohn bei einer 88-jährigen Patientin

M Wuttke 1, N Reißmann 1, E Breunig 1, T Brückner 2, J Müller 3, W Scheppach 1
  • 1Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie
  • 2Chirurgische Klinik/Allgemein- und Viszeralchirurgie, Juliusspital Würzburg
  • 3Pathologisches Institut, Universität Würzburg

Eine 88-jährige Patientin, die aufgrund einer pertrochantären Schenkelhalsfraktur in chirurgischer Behandlung gewesen war, wurde drei Wochen postoperativ mit akut aufgetretener Diarrhön und Schmerzen im rechten Unter- bzw. Mittelbauch stationär aufgenommen. Pathogene Darmbakterien bzw. Clostridientoxin ließen sich in der Stuhlkultur nicht nachweisen. Computertomographisch zeigte sich ein auf 7cm Durchmesser erweitertes und wandverdicktes rechtes Hemikolon. Endoskopisch fanden sich kontinuierlich vom Sigma bis Zökum längsgestellte fissurale Ulzerationen mit Fibrinbelägen, das Rektum und das terminale Ileum waren nicht befallen. Am Tag nach der komplikationslos durchgeführten Koloskopie wurde bei plötzlicher abdomineller Schmerzzunahme und massiver Reduktion des Allgemeinzustands röntgenologisch freie Luft nachgewiesen und unter Notfallbedingungen eine rechtsseitige Hemikolektomie durchgeführt. Dabei zeigte sich bei hochflorider Kolitis eine Perforationsstelle im mittleren Colon ascendens, wo zuvor koloskopisch eine Gewebeprobe entnommen worden war. Im Resektionspräparat zeigten sich flächenhafte Ulzerationen und Schlingenabszesse, welche als typisch für die akute Manifestation einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung („hot Crohn“) angesehen wurden. Die Patientin erholte sich von dem operativen Eingriff gut und wurde in eine geriatrische Rehabilitationsklinik zur Weiterbehandlung entlassen.

Bei der Differenzialdiagnose abdomineller Entzündungsprozesse im höheren Lebensalter muss auch die Erstmanifestation einer entzündlichen Darmerkrankung bedacht werden. Die korrekte Diagnose wird bei älteren Patienten oft verzögert gestellt, weil im differenzialdiagnostischen Spektrum der Ursachen von Entzündung (Divertikulitis, ischämische Kolitis, NSAR-Kolitis, Clostridien-Kolitis) und peranaler Blutung (Karzinom, Ischämie, NSAR-Ulzera, Angiodysplasie) die entzündlichen Darmerkrankungen vermindert berücksichtigt werden. Die allgemeinen Diagnose- und Therapieprinzipien sind grundsätzlich altersunabhängig anwendbar. Darüber hinaus erscheint es, dass beim Morbus Crohn im Vergleich zu jüngeren Patienten der Kolonbefall häufiger auftritt, dass nicht häufiger operiert werden muss und dass postoperative Rezidive seltener auftreten. Im Falle einer Therapie des Morbus Crohn mit Biologicals sind Komorbiditäten besonders streng zu beachten, insbesondere eine vorbestehende Herzinsuffizienz.