Z Gastroenterol 2011; 49(4): 550-554
DOI: 10.1055/s-0031-1273297
Mitteilungen der DGVS

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Gastroenterologie im deutschen DRG-System 2011: eine kritische Positionsbestimmung

U. Rosien1
  • 1Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg
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Publication Date:
07 April 2011 (online)

Zusammenfassung

Die Situation der Gastroenterologie im deutschen DRG-System erscheint in manchen Aspekten problematisch. Viele Entitäten sind in Sammel-DRGs zusammengefasst, die naturgemäß eine differenzierte Bewertung und insbesondere die Behandlung komplexer Behandlungsfälle in Schwerpunktkliniken nicht abbilden können. Auch die Bewertung komplexer endoskopischer Prozeduren erscheint im DRG-System unzureichend. Hintergrund dafür ist, dass unter anderem die Anforderungen an die fallbezogene Materialdokumentation im Rahmen der DRG-Fallkostenkalkulation bei gastroenterologischen Eingriffen sehr gering waren. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) konnte erreichen, dass diese Anforderungen deutlich erhöht wurden. Zweifelhaft ist, ob die erhöhten Kalkulationsanforderungen bereits umgesetzt werden. Nach einer Umfrage unter den Mitgliedern der DGVS wurden die Änderungen von den Krankenhausverwaltungen bis zum Sommer 2010 nur bei 1 / 3 der kalkulierenden Krankenhäuser an die gastroenterologischen Abteilungen intern kommuniziert. Die DGVS hat in Zusammenarbeit mit der DRG-Research-Group in Münster ein Prüfprogramm entwickelt, das die an der DRG-Kalkulation teilnehmenden Krankenhäuser bei der Validierung ihrer eigenen Kalkulationsdaten für medizinischen Sachbedarf endoskopischer Leistungen unterstützen soll. Dieses Programm steht jetzt erstmalig für die Kalkulation der Daten von 2010 für die G-DRG-Version 2012 zur Verfügung. Um die fallbezogene Dokumentation bei der Erbringung von Leistungen in der Endoskopie zu fördern, wird die DGVS zusätzlich den Krankenhäusern eine Informationsplattform bereitstellen, die die Möglichkeiten der Dateneingabe innerhalb der verschiedenen Krankenhausinformationssysteme bzw. endoskopischen Dokumentationssysteme darstellt. Erste positive Auswirkungen dieser Projekte erwartet die DGVS für die G-DRG-Version 2012.

Die Einführung eines durch (Ko-)Morbiditäten und medizinische Prozeduren getriggerten Fallpauschalensystems hat in Deutschland zu einer sachlich besser begründeten Erlösgenerierung geführt, als dies mit tagesgleichen Pflegesätzen früher möglich war. Verglichen mit chirurgischen Fächern oder auch der Kardiologie wird die wirtschaftliche Situation gastroenterologischer Abteilungen in Deutschland aufgrund unzureichender DRG-Erlöse von vielen jedoch weiterhin als schwierig bewertet. Eine Befragung zur Erlössituation von 156 gastroenterologischen Abteilungen durch die DGVS im Frühjahr 2009 bestätigt zumindest in der Tendenz diesen Eindruck. So gaben nur 15 % der Befragten an, dass ihre Abteilung profitabel arbeite. Dagegen berichtete jede 4. Abteilung über ein defizitäres Budget-Ergebnis. 30 % der befragten Abteilungen konnten keine Angaben zu ihrer Erlössituation machen. Bei der Bewertung dieser Kennzahlen ist zu berücksichtigen, dass eine korrekte Kosten-Erlös-Abbildung einer Abteilung, die zum Beispiel auch interne Verlegungen differenziert bewertet, schwierig ist und Krankenhäuser sehr unterschiedliche Methoden zur Erlösverteilung in den letzten Jahren entwickelt haben. Grundsätzlich sollte in einem ausbalancierten DRG-System aber die Gruppe der profitablen und der defizitären Abteilungen eigentlich annähernd gleich groß sein ([Tab. 1]).

Tab. 1 Antwort auf die Frage nach der Erlössituation der Abteilung (befragt wurden 156 Abteilungen, Rücklaufquote: 37,8 %). 59 Antworten profitabel Kosten gedeckt defizitär Erlössituation nicht bekannt n 9 18 14 18 % 15,3 30,5 23,7 30,5

Eine Problematik in der Abbildung in der Gastroenterologie sind die sogenannten Sammel-DRGs, in denen sehr verschiedene Entitäten zu einer ausgeglichenen Erlössituation führen sollen. Als Beispiel sei die Basis-DRG G 67 (Ösophagitis, Gastroenteritis und verschiedene andere Erkrankungen der Verdauungsorgane oder gastrointestinale Blutung, ein Belegungstag oder Ulkuserkrankung, ohne äußerst schwere CC) genannt, die nach Schweregrad in die Splitts A-D differenziert wird. Innerhalb der „einfachen” G 67D finden sich beispielsweise die Kollagenkolitis mit endoskopischer Diagnostik, eine virale Gastroenteritis ohne Endoskopie, aber auch Motilitätsstörungen von Dünn- und Dickdarm mit komplexer und spezialisierter Diagnostik. Die DGVS hatte 2010 beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) einen Antrag für eine Komplex-OPS für die Diagnostik von Inkontinenz und Obstipation beantragt. Obwohl die Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) für die notwendige Diagnostik Kosten in Höhe von 200 – 600 € kalkuliert hatte, wurde dieser Antrag abgelehnt, weil seine pekuniäre Relevanz aus den zur Verfügung stehenden Kostendaten nicht nachvollziehbar war. Kliniken mit einem Schwerpunkt in der Diagnostik und Versorgung von Patienten mit diesen komplexen funktionellen Störungen, die weniger Patienten mit akuter Gastroenteritis behandeln, werden regelhaft Schwierigkeiten haben, mit dem Erlös von unter 1300 € auszukommen ([Abb. 1]). Die „Mischung” der komplexen und weniger komplexen und damit weniger aufwendigen Behandlungsfälle entspricht in diesen Kliniken nicht dem kalkulierten Durchschnitt, sodass es in diesen Krankenhäusern zu einer Schieflage zwischen Kosten und Vergütung kommt. Dabei darf nicht verschwiegen werden, dass Krankenhäuser, die abweichend vom Durchschnitt der Kalkulationskrankenhäuser weniger aufwendige Patienten versorgen, von der Bewertung der Sammel-DRGs profitieren. Auffällig erscheint auch das nachfolgende Beispiel (zu dem uns allerdings keine eigenen Kostenkalkulationen vorliegen): Eine akute Divertikulitis mit konservativ behandeltem Abszess wird ebenfalls in die G 67 eingeordnet; allerdings in die etwas höherwertige G 67B. Wird bei einem solchen Patienten eine Abszessdrainage interventionell angelegt, so ergibt sich eine Zuordnung in die G 12B und ein Erlössprung von 1700 auf 5300 € (bei einem Basisfallpreis von 2976 €, [Abb. 2] u. [Abb. 3]).

Abb. 1 Fallbeispiel I: weiblicher Patient, 73 Jahre; Symptomatik: seit 4 Monaten wässrige Diarrhö mit Stuhlinkontinenz. Diagnostik: Stuhlkultur, Sonografie, ÖGD + Koloskopie mit Stufen-PE. Diagnose: mikroskopische Kolitis. Therapie: Budenosid, Verweildauer 5 Tage. Gruppierung: G 67D Ösophagitis, Gastroenteritis u. versch. Erkr. der Verdauungsorgane ohne kompl. od. kompliz. Diagnose. Kostengewicht: 0,434 Entgelt: 1286,30 € (Basisfallpreis: 2963,82 €)

Abb. 2 Fallbeispiel II: männlicher Patient, 68 Jahre; Symptomatik: Divertikulitis, keine Besserung unter ambulanter Therapie. Diagnostik: Sonografie + CT. Diagnose: 4 cm messender Abszess. Therapie: parenterale Ernährung und intravenöse Antibiose, Verweildauer 8 Tage. Gruppierung: G 67B Ösophagitis, Gastroenteritis u. versch. Erkr. der Verdauungsorgane. Kostengewicht: 0,565 Entgelt: 1674,56 € (Basisfallpreis: 2963,82 €)

Abb. 3 Fallbeispiel III: männlicher Patient, 68 Jahre, Symptomatik: Divertikulitis, keine Besserung unter amb. Therapie. Diagnostik: Sonografie + CT. Diagnose: 7 cm messender Abszess. Therapie: transkutane Drainage + TPE + Antibiose i. v., Verweildauer 12 Tage. Gruppierung: G 12B Andere OR-Prozeduren an den Verdauungsorganen mit mäßig komplexer OR-Prozedur Kostengewicht: 1,799, Entgelt: 5331,91 €.

Doch auch außerhalb der Sammel-DRGs gibt es Auffälligkeiten, wie nachfolgende Beispiele zeigen: Wird im Rahmen eines stationären Aufenthalts bei einem Bronchialkarzinom als Hauptleistung ein mediastinaler Lymphknoten transösphageal punktiert, ergibt sich ein Erlös von 4000 €; bei gleicher Prozedur und einem Ösophaguskarzinom als Hauptdiagnose ergibt sich ein Erlös von 2600 €. Bei einer Radiofrequenzablation von Barrettgewebe im Ösophagus resultiert bei eintägigem Aufenthalt zur Überwachung nach der Intervention ein Erlös von 1100 €, bei längerem Aufenthalt, z. B. bei Erstdiagnose einer Dysplasie, ein Erlös von 2800 €. Die alleinigen Sachkosten für die einmalig verwendbare Ablationssonde liegen jedoch bereits bei 1600 – 2800 € (in Abhängigkeit von der Größe der verwendeten Sonde).

Warum es zu derartigen Auffälligkeiten im Erlös kommt, erscheint von außen betrachtet zunächst wenig plausibel. Die DGVS hat seit Einführung des DRG-Systems mit über 50 Anträgen versucht, eine gerechtere Verteilung der Erlöse zu erzielen. Viele Anträge wurden vom InEK umgesetzt. In den letzten Jahren ergab sich aber wiederholt die Situation, dass aus Sicht der Fachgesellschaft begründete Anträge anhand der dem InEK zur Verfügung stehenden Kostendaten nicht nachvollzogen werden konnten. Da das rein datengetriebene Kalkulationsverfahren des InEK über fach- bzw. berufspolitische Einflussnahmen erhaben ist, musste aus Sicht der Fachgesellschaft ein Fehler in der Generierung der Kalkulationsdaten vermutet werden.

Bezüglich der in der Gastroenterologie geleisteten endoskopischen Untersuchungen bietet die vom InEK bereitgestellte DRG-Kostenmatrix im G-DRG-Reportbrowser entsprechende Hinweise. Die DRG-Kostenmatrix stellt die durchschnittlichen Kosten der Behandlungsfälle einer G-DRG aufgeschlüsselt nach verschiedenen Kostenarten, wie zum Beispiel Personalkosten oder Sachkosten, dar. Zusätzlich erfolgt eine Differenzierung der Kosten nach sogenannten Kostenbereichen. Kostenbereiche stellen den Ort der Leistungsdurchführung dar. Hierzu gehören z. B. die Normalstation, die Intensivstation, der OP-Bereich oder die Endoskopieabteilung. Die [Abb. 4] zeigt einen Ausschnitt der InEK-Matrix für eine einfache ERCP-DRG für das Jahr 2009. Auch unter Berücksichtigung des aktuellen landesweiten Basisfallwerts („baserate”) sind in dieser, durch eine ERCP getriggerten DRG, Sachkosten in der Endoskopie (für den gesamten Aufenthalt!) von nur 100 € ausgewiesen. Dieser Betrag ist selbst für eine nicht therapeutische Basisausstattung mit ERCP-Katheter, Führungsdraht und Kontrastmittel nicht auskömmlich. Insbesondere kann hiermit der Sachbedarf einer therapeutischen ERCP oder gar wiederholter endoskopischer Interventionen nicht abgebildet werden.

Abb. 4 Kosten-Matrix des InEK für die DRG H 41C (für das Jahr 2009).

Festzustellen ist, dass diese geringe Kostenzuordnung keine Willkür des InEK ist. Das InEK kann für seine Kalkulation und für die Bearbeitung von Änderungsanträgen der DGVS nur die Daten verwenden, die von den ca. 250 kalkulierenden Krankenhäusern fallbezogen dokumentiert werden. Diese konkrete Zuordnung von Sachkosten zu einem Behandlungsfall ist aber – zumindest für die Endoskopie – nicht oder nur unzureichend durchgeführt worden. In der Vergangenheit wurden an die kalkulierenden Krankenhäuser gerade im Bereich der Endoskopie in der fallbezogenen Dokumentation von Sachkosten deutlich geringere Anforderungen gestellt als zum Beispiel in der Kardiologie. Viele kalkulierende Krankenhäuser arbeiten in der Endoskopie mit Kostenzuordnungen nach EBM oder GOÄ, die gerade in Bezug auf therapeutische Interventionen und kostenintensive Untersuchungen nur unzureichende Hilfsmittel für die Kostenverrechnung sind ([Tab. 2]). Sicher ist eine fallbezogene Einzelkostendokumentation deutlich aufwendiger durchzuführen als ein Ansatz mit Hilfsparametern wie EBM oder GOÄ. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb nur ein Drittel der im Frühjahr 2009 von der DGVS befragten Abteilungen eine fallbezogene Einzelkostendokumentation durchführten ([Tab. 3]).

Tab. 2 Vergleich der Punktwerte für gastroenterologische Verfahren im EBM und GOÄ, ohne Grundpauschalen und sonstige Abrechnungsbestandteile der Tarifsysteme (zitiert aus: Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen für 2009. Röder, N, Fiori W, Bunzemeier H, Mai 2008). EBM GOÄ Ziffer Punkte Punkte normiert auf ÖGD Ziffer Punkte Punkte normiert auf ÖGD Standard-ÖGD 13 400 2 360 1 685 1 350 1 Standard-Koloskopie 13 421 4 325 1,833 687 1 500 1,111 diagnostische ERCP 13 430 3 500 1,483 686 / 5 170 1900 1,407

Tab. 3 Antwort auf die Frage nach der benutzten Kalkulationsbasis für die Kostenmeldung an InEK (befragt wurden 156 Abteilungen; Rücklaufquote: 37,8 %). 59 Antworten fallzugeordnete Einzelkosten Hauskatalog EBM GOÄ nicht bekannt n 22 21 2 18 8 % 37,3 35,6 3,4 30,5 13,6

Auf Grundlage der Analysen und Umfrageergebnisse konnte die DGVS erwirken, dass zu Beginn des Jahres 2010 die Anforderungen an die Kalkulation in der Endoskopie angehoben wurden. Wesentliche Neuerung ist, dass (fast alle) Verbrauchsmaterialien ab einem Betrag von 50 € fallbezogen zu dokumentieren sind. Dokumentiert sind diese neuen Anforderungen in der Anlage 10 des Kalkulationshandbuchs, in dem Anleitungen für die Durchführung der Kalkulation niedergelegt sind ([Tab. 4]). Diese Änderung der Kalkulationsanforderungen ist ein entscheidender Schritt zu einer aufwandsgerechteren Abbildung komplexer endoskopischer Verfahren.

Tab. 4 Anlage 10 (Version 2010): Artikelliste für die Einzelkostenzuordnung teure Medikamente (ab 300 € Kosten pro Fall) Antibiotika Antimykotika Hormonpräparate (z. B. Octreotid, r-TSH) Immunstimulanzien (z. B. Interferon) Immunsuppressiva monoklonale Antikörper Plasmaproteine Radiopharmaka (z. B. Radioimmuntherapie, Radiorezeptortherapie) supportive Tumortherapie (z. B. Zytoprotektiva, G- CSF) Virustatika Zytokine Zytostatika Implantate in Gastrointestinaltrakt Magenband Stents Katheter im Gastrointestinaltrakt ERCP-Katheter ein ausreichend differenziertes KVM darf nur für Artikel mit Kosten unter 300 € je Fall verwendet werden Verbrauchsmaterialien, andere spezielle Einmalartikel für endoskopische Diagnostik / Therapie (ab € 50) ein ausreichend differenziertes KVM darf nur für Artikel mit Kosten unter 300 € je Fall verwendet werden spezielle Kontrastmittel Video-Kapseln

Eine Befragung gastroenterologischer Abteilungen in kalkulierenden Krankenhäusern durch die DGVS im Juni 2010 zur Umsetzung dieser neuen Anforderung erbrachte ernüchternde Ergebnisse. Die Kommunikation innerhalb der kalkulierenden Krankenhäuser zwischen Verwaltung und Klinikern über die aktuellen Änderungen der Anlage 10 des Kalkulationshandbuchs, aber auch über die an InEK übermittelten Daten ist unzureichend: nur 1 / 3 der Angeschriebenen wurde von ihrer Klinikleitung über die Änderungen informiert und nur 1 / 4 erhält von ihren Verwaltungen eine Rückmeldung zu den an InEK weitergeleiteten Daten. Änderungen der internen Dokumentation infolge der Neufassung der Anlage 10 wurden nur in jeder dritten Abteilung realisiert ([Abb. 5], [6]).

Abb. 5 Auszug aus der Befragung kalkulierender Krankenhäuser durch die DGVS im Juni 2010 (135 von 190 Kliniken haben geantwortet, Rücklaufquote: 71,1 %).

Abb. 6 Auszug aus der Befragung kalkulierender Krankenhäuser durch die DGVS im Juni 2010 (135 von 190 Kliniken haben geantwortet, Rücklaufquote: 71,1 %).

Das Interesse an einer Unterstützung einer verbesserten Dokumentation durch die DGVS ist in den kalkulierenden Krankenhäusern groß. Naheliegend wäre es, den kalkulierenden Krankenhäusern ein „Software-Tool” zur Verfügung stellen, das eine fallbezogene Sachkostenzuordnung unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Leistungserbringung in der Endoskopie gestattet. Ein derartiges „Software-Tool” müsste allerdings über (i. d. R. kostenpflichtige) Schnittstellen mit den verschiedenen Krankenhausinformationssystemen kompatibel sein. Die meisten Krankenhausinformationssysteme bieten in Unterprogrammen die Möglichkeit, Sachkosten fallbezogen zu dokumentieren. Die DGVS wird den kalkulierenden Abteilungen Informationen zur Verfügung stellen, welche Dokumentationsmöglichkeiten innerhalb der verschiedenen Krankenhausinformationssysteme ohne ein externes „Tool” möglich sind.

Darüber hinaus hat die DGVS zusammen mit der DRG-Research-Group in Münster ein Programm entwickelt, das die Validität der in den an der DRG-Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern zusammengestellten Sachkostendaten im Hinblick auf erwartete „Mindestkosten” überprüft. Dieses Programm setzt an der CSV-Datei an, mit der dem InEK-Institut fallbezogen Kosten von den Kalkulationskrankenhäusern übermittelt werden. Dieses Prüfprogramm gleicht die tatsächlich von dem Krankenhaus kalkulierten Sachkosten jedes Einzelfalls in der Endoskopie mit den für die erbrachten Leistungen erwarteten Sachkosten ab. Behandlungsfälle, die mit ihren kalkulierten Sachkostenwerten die erwarteten Sachkosten unterschreiten, werden in einem Bericht ausgewiesen. Die für die Kalkulation in den Krankenhäusern verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können auf Grundlage dieses Berichts die Qualität der Sachkostenkalkulation auf Einzelfallebene überprüfen. Somit können Korrekturen erfolgen, bevor die Daten final an InEK übermittelt werden. Dieses Prüfprogramm steht den kalkulierenden Krankenhäusern als kostenloser Download erstmalig ab März 2011 im Internet unter www.dgvs.de zur Verfügung. Die DGVS hat mit der Erstellung von Materialkostenlisten die Datenbasis zur automatisierten Prüfung geschaffen.

Erste Auswirkungen auf das Entgeltsystem durch die verschärften Anforderungen des InEK und die Maßnahmen der DGVS sind für das Jahr 2012 zu erhoffen. Langfristige Projekte bleiben ein einheitliches Erfassungstool endoskopischer Kosten und eine bessere Zuordnung von Personalkosten. Dass auch dieser Bereich Defizite aufweist, zeigt sich an den Mehrkosten durch die Umsetzung der Sedierungsleitlinie in der Endoskopie. Der Antrag der DGVS, diese Kosten zu berücksichtigen und adäquat abzubilden, wurde von InEK abgelehnt. Die sachlich korrekte Begründung war auch hier wieder die fehlende Nachvollziehbarkeit der Mehrkosten aufgrund der vorliegenden Datenbasis. Die dokumentierten Kosten für eine Sedierung – bezogen auf eine einzelne Endoskopie – sind unter der Schwelle, die normalerweise bei InEK eine DRG-Änderung auslöst. In den Endoskopie-Abteilungen hängt von diesen auf den Fall bezogen geringen Beträgen jedoch ab, ob eine notwendige zusätzliche Facharztstelle im Funktionsbereich bezahlt werden kann oder ob diese eben fehlt ([Abb. 7]).

Abb. 7 Mehrkosten durch die Umsetzung der S 3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie” kalkuliert auf der Basis des Benchmarking-Endoskopie-Projekts 2006.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es in der Abbildung gastroenterologischer Leistungen im deutschen DRG-System weiterhin Defizite gibt. Diese gründen u. a. auf Mängel in der fallbezogenen Kostendokumentation, was besonders in der Endoskopie evident wird. Hiervon betroffen sind Sachkosten, aber auch Personalkosten für Ärzte und Pflegekräfte. Eine Anpassung der Anforderungen zur Sachkostendokumentation konnte erreicht werden. Jetzt gilt es, die Umsetzung dieser neuen Anforderungen zu realisieren. Eine Softwareunterstützung in der Sachkostendokumentation, wie sie in den Krankenhäusern bereits im Operationssaal oder im Herzkatheterlabor üblich ist, ist auch für die Endoskopie (und andere Funktionsbereiche der Gastroenterologie) anzustreben.

Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle betonen, dass die DRG-Projekte der DGVS nur durch das Engagement aller Beteiligten zu realisieren sind. Für ihren Einsatz danke ich allen Mitarbeitern der Geschäftsstelle der DGVS, namentlich Frau Kühne und Frau Dr. Dathe, sowie aus der Kommission für Berufsfragen Herrn Dr. Akoglu, Herrn PD Dr. Brechmann, Herrn Dr. Maier, Herrn Professor Dr. Max Reinshagen und Herrn Dr. Arndt Weinmann. Betont sei auch die konstruktive Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Bunzemeier und dem Team der DRG-Research-Group in Münster.

Ulrich Rosien

Vorsitzender Kommission Berufsfragen der DGVS, Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus, Hamburg

Orchideenstieg 14

22297 Hamburg

Phone: 0 40/5 11 25-50 01

Email: rosien@ik-h.de

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