Gesundheitswesen 2011; 73 - A113
DOI: 10.1055/s-0031-1283405

Prävention gestörten Essverhaltens: Langfristige Effekte der geschlechtsspezifischen Schulprogramme PriMa, TOPP und Torera

U Berger 1, J-H Schäfer 2, B Strauß 2
  • 1Universitätsklinikum Jena, Jena
  • 2Universitätsklinikum Jena, Jena

Einleitung/Hintergrund: Nach den Daten der KiGGS-Studie (RKI, 2006) zeigt sich bei knapp einem Viertel der Jugendlichen ein gestörtes Essverhalten, gut ein Fünftel sind übergewichtig oder adipös. Daten und Methoden: Am Universitätsklinikum Jena wurden geschlechtsspezifische schulbasierte und manualisierte Programme entwickelt, um Magersucht (Programm PriMa für Mädchen der 6. Klasse), Übergewicht und Bewegungsmangel (Programm TOPP für Jungen der 6. Klasse) sowie Bulimie und Adipositas (Programm Torera für Jungen und Mädchen der 7. Klasse) vorzubeugen. PriMa und TOPP wurden mit über 2.500 Kindern aus über 100 Thüringer Schulen evaluiert (Wick et al., 2011; Schwartze et al., 2011). Die Daten der Evaluation von Torera (Prä-/Post-Kontrollgruppenstudie mit vier Messzeitpunkten über 1 Jahr) werden hier erstmals vorgestellt (n=578 11–13-Jährige aus 10 Thüringer Schulen). Ergebnisse: Signifikante Effekte der Intervention Torera sowohl gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe als gegenüber den Mädchen und Jungen, die bereits ein Jahr zuvor an PriMa/TOPP teilgenommen hatten, zeigen sich auf den größtenteils mit standardisierten Fragebogen erhobenen Variablen Körperselbstwert, Essverhalten und Wissen in erster Linie bei Mädchen der Regelschule. Diskussion/Schlussfolgerungen: Essstörungsrelevante Faktoren können zumindest im Selbstbericht durch aufeinander aufbauende präventive Interventionen systematisch positiv verändert werden. Die Beeinflussung des Gewichtsstatus ist nicht nachweisbar. Die Durchführung der Programme unter Alltagsbedingungen erwies sich auch großflächig als praktikabel. Der Zugang über die Schule ist sozial gerecht und niederschwellig. Die Durchführung durch vorher geschulte Lehrkräfte sichert – anders als der häufig praktizierte „Einkauf„ externer Fachkräfte – das Empowerment aller Beteiligten (inkl. Schulleitung und Eltern) und nicht zuletzt aufgrund sehr geringer Folgekosten (ca. 3 Euro pro Kind) die Nachhaltigkeit der Maßnahmen.

Literatur:

Wick, K., Brix, C., Bormann, B., Sowa, M., Strauß, B. & Berger, U. (2011). Real-world effectiveness of a German school-based intervention for primary prevention of anorexia nervosa in preadolescent girls. Preventive Medicine, 52, 152–158. doi:10.1016/j.ypmed.2010.11.022 Schwartze, D., Sowa, M., Bormann, B., Brix, C., Wick, K., Strauß, B. & Berger, U. (2011). Evaluation der Wirkung des schulbasierten Präventionsprogramms TOPP „Teenager ohne pfundige Probleme“ auf adipositasrelevante Faktoren an Thüringer Schulen. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 54, 349–356. DOI: 10.1007/s00103–010–1233–6.