Gesundheitswesen 2011; 73 - A123
DOI: 10.1055/s-0031-1283409

Hitzewellenbezogene Risikoperzeption älterer Menschen in Freiburg – eine qualitative Interviewstudie

M Bittner 1, U Stößel 2
  • 1Universität Freiburg, Medizinische Fakultät, Freiburg
  • 2Universität Freiburg, Freiburg

Einleitung/Hintergrund: Bei Hitzewellen gehören besonders ältere Menschen zu den besonders gefährdeten Personen. In den letzten Jahren haben Studien gezeigt, dass Warnungen und Hinweise zum Verhalten in Hitzewellen oft nicht zu einer Änderung des Verhaltens führen (Sheridan 2007). Hierbei wurde die selbst eingeschätzte Vulnerabilität als kritischer Faktor bei der Determination einer Reaktion auf eine Warnung identifiziert. Zur Untersuchung der Risikoperzeption wurde deshalb eine von Abrahamson (2009) durchgeführte Interviewstudie mit älteren Menschen und mit Betreuern repliziert. Daten und Methoden: Es wurden 20 Personen (64–94 Jahre, Mittelwert 82,1 Jahre, 8männlich, 12 weiblich) und 13 Betreuer (verantwortlich für 18 der 20 Probanden) leitfadengestützt interviewt. Die Gespräche wurden digital aufgezeichnet und kategorial verdichtet ausgewertet. Ergebnisse: Die meisten der befragten älteren Menschen gaben an, verschiedene Schutzmaßnahmen bei heißem Wetter zu ergreifen. Viele der Probanden haben die Kontrollüberzeugung, solchen Situationen individuell gewachsen zu sein. Der Hausarzt als primäre Quelle von Informationen und Warnungen wird nicht einheitlich als bedeutsam angesehen. Andere Informations- oder Warnquellen wie die Medien spielten bei 70% der Befragten eine wichtige Rolle. Viele der Befragten waren als aktiv und sozial gut eingebunden zu charakterisieren. Bei den betreuenden Bezugspersonen, die einen professionellen (pflegerischen) Hintergrund hatten, konnte ein gutes Wissen um die Gefährlichkeit von Hitzewellen für die Gesundheit älterer Menschen festgestellt werden. Auf der anderen Seite haben die Betreuer keine Detailkenntnis etwa das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes und dessen Implementierung betreffend. Diskussion/Schlussfolgerungen: In Übereinstimmung mit den Vorgängerstudien von Abrahamson sahen sich die befragten Älteren weniger allein aufgrund ihres chronologischen Alters gefährdet. Ihr Aktivitätspotential und ihre gute soziale Eingebundenheit sind ein wichtiger Hinweis auf die Adressierung entsprechender Präventionsmaßnahmen, die nach wie vor auf ein effektives Frühwarnsystem gestützt sein müssen. Darüber hinaus muss der Informationsstand bei betreuenden Bezugspersonen ebenfalls Gegenstand regelmäßiger Informationskampagnen bleiben.

Literatur:

Abrahamson V, Wolf J, Lorenzoni I, Fenn B, Kovats S, Wilkinson P, Adger WN, Raine R (2009): Perceptions of heatwave risks to health: interview-based study of older people in London and Norwich, UK. J Public Health (Oxf) 31(1):119–26 Sheridan SC (2007): A survey of public perception and response to heat warnings across four North American cities: an evaluation of municipal effectiveness. Int J Biometeorol 52:3–15