Gesundheitswesen 2011; 73 - A292
DOI: 10.1055/s-0031-1283418

Partnergewalt gegen Frauen: Hilfesucheverhalten der Betroffenen

P Brzank 1, U Maschewsky-Schneider 2, B Blättner 1
  • 1Hochschule Fulda, Fulda
  • 2Berlin School of Public Health, Charité Berlin, Berlin

Einleitung/Hintergrund: Partnergewalt gegen Frauen ist ein globales Phänomen, das gravierende Auswirkungen für die betroffenen Frauen als auch die Gesamtgesellschaft hat. Wegen Ausmaß und Folgen wird Partnergewalt als ein relevantes Public Health-Problem betrachtet. Um Opfer von Partnergewalt zu unterstützen, ist in Deutschland ein Beratungs- und Zufluchtsnetz etabliert worden. Empirisch evident trägt psychosoziale Unterstützung zur Minderung der Folgen von Partnergewalt auf die mentale Gesundheit der Opfer bei. Obwohl die Unterstützungsangebote bekannt sind, sucht nur ein Teil der Betroffenen Hilfe. Daten und Methoden: Basierend auf den Daten der Repräsentativstudie „Gesundheit, Wohlbefinden und Sicherheit von Frauen in Deutschland“ (N=10.264), die das BMFSFJ 2004 publizierte, fokussiert die Sekundäranalyse auf Faktoren, die die Opfer von Partnergewalt (n=1730) zur Inanspruchnahme von Unterstützung durch die Gesundheitsversorgung oder das psychosoziale System motiviert. Sie wird von der Frage geleitet: Wird die Inanspruchnahme von Hilfe beeinflusst von demografischen Merkmalen, personalen oder sozialen Ressourcen, Gesundheitsstatus, Gewaltbiografie, Substanzmittelkonsum, Mitbetroffenheit von Kindern, Mitverantwortungsgefühl für die erlittene Gewalt und/oder Bekanntheit von Unterstützungsangeboten? Nach der univariaten Beschreibung der Variablen wurden Zusammenhänge bivariat geprüft. Ergebnisse: Innerhalb des Studiensamples hatten 65% physische, 20% sexuelle und 68% psychische Gewalt erlitten. Physische und psychische Gewalt überschnitten sich zu 27%, alle drei Formen lagen bei 10% der Frauen vor. 36% (625) der Opfer gaben an, entweder Unterstützung von Gesundheitseinrichtungen (22%) bzw. spezifischen Beratungsstellen (4%) oder beiden (10%) in Anspruch genommen zu haben. Die „Inanspruchnahme“ korreliert mit etlichen Variablen signifikant: mit mittlerem Effekt für die Mitbetroffenheit von Kindern, die Schwere von sexueller Gewalt und Substanzmittelkonsum und mit großem Effekt für die Schwere von Gewalt (physische, psychische Gewalt oder Partnergewaltschwereindex). Diskussion/Schlussfolgerungen: Bereits uni- und bivariate Analysen identifizieren maßgebliche Determinanten des Hilfesuchverhaltens gewaltbetroffener Frauen. Weitere Analyseschritte (multivariat, Strukturgleichungsmodell) werden die Wirkpfade zwischen den einzelnen Faktoren verdeutlichen. Die Ergebnisse können dazu beitragen, das Hilfesystem an die Bedürfnisse der Frauen anzupassen.

Literatur:

BMFSFJ (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Berlin.