Gesundheitswesen 2011; 73 - A40
DOI: 10.1055/s-0031-1283446

Die Berücksichtigung der Kommunikationspräferenzen von chronisch kranken Patienten durch Ärzte: Instrumentenentwicklung und deskriptive Befunde

E Farin-Glattacker 1, L Gramm 1, E Schmidt 1
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg

Einleitung/Hintergrund: Die Kommunikation zwischen Patienten und Behandlern ist insbesondere bei der Behandlung chronisch Kranker von zentraler Bedeutung (Taylor, 2009). Bei der Frage, was eine gelungene Kommunikation kennzeichnet, sind die Kommunikationspräferenzen des Patienten zu berücksichtigen, da diese darüber entscheiden, welches Verhalten des Behandlers als positiv oder negativ bewertet wird. Das Ziel der Arbeit besteht darin, ein Instrument zu entwickeln, welches das Ausmaß der Passung (Matching) zwischen den Kommunikationspräferenzen des Patienten und dem Kommunikationsverhalten des Arztes erfasst und alle wesentlichen Aspekte der Patient-Arzt-Kommunikation berücksichtigt. Mit dem Instrument soll ferner eine Deskription der Kommunikationspräferenzen und des Matchings bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen erfolgen. Daten und Methoden: Unter Verwendung des vorliegenden KOPRA-Fragebogens zur Erfassung von Patienten-Kommunikationspräferenzen (Farin et al., 2011) wurde ein inhaltsanaloger Fragebogen zum Kommunikationsverhalten von Ärzten entwickelt (KOVA-Fragebogen). Aus der Kombination der KOPRA- und KOVA-Items resultieren so genannte Präferenz-Matching-Items, die sich zu Präferenz-Matching-Skalen zusammenfassen lassen und vier Bereiche erfassen: Patientenbeteiligung und Patientenorientierung, effektive und offene Kommunikation, emotional unterstützende Kommunikation und Kommunikation über persönliche Verhältnisse. Es wurden N=703 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen zu Beginn und am Ende einer medizinischen Rehabilitation befragt. Ergebnisse: Nach Itemselektion sind alle Skalen des KOVA-Fragebogens eindimensional, reliabel und genügen den Anforderungen des Rasch-Modells. Auch die Präferenz-Matching-Skalen sind eindimensional und reliabel (Cronbachs Alpha 0,87–0,91). Zudem liegen für beide Instrumente Validitätshinweise vor. Den Patienten sind eine effektive Kommunikation sowie die Patientenbeteiligung besonders wichtig. Das Matching zwischen Kommunikationspräferenzen und Arzt-Verhalten ist insgesamt recht hoch, es gibt aber einzelne Bereiche mit deutlichen Diskrepanzen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Mit den Präferenz-Matching-Skalen lassen sich Bereiche identifizieren, in denen es Ärzten nicht gut gelingt, auf die Kommunikationspräferenzen von Patienten einzugehen. Ärzte sollten bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen insbesondere den sehr hohen Bedarf an offener Kommunikation (auch über negative Dinge) und an Informationen zur Weiterbehandlung berücksichtigen.

Literatur:

Farin E, Gramm L, & Kosiol D. Development of a questionnaire to assess communication preferences of patients with chronic illness. Patient Education and Counseling, 2011; 82(1): 81–88. Taylor K. Paternalism, participation and partnership – The evolution of patient centeredness in the consultation. Patient Education and Counseling 2009; 74(2):150–5.