Gesundheitswesen 2011; 73 - A311
DOI: 10.1055/s-0031-1283450

Ausmaß der Mediennutzung deutscher Schüler und Schülerinnen nach soziodemografischen Merkmalen: Erste Ergebnisse der HBSC-Studie 2010

E Finne 1, J Bucksch 1, P Kolip 1
  • 1Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Die Nutzung elektronischer Medien wie Fernsehen, Computer und Spielkonsole hat eine maßgebliche Bedeutung als Freizeitaktivität Jugendlicher. Diese sitzenden Verhaltensweisen werden als ein ursächlicher Faktor der zunehmenden Verbreitung von Übergewicht auch in dieser Altersgruppe gesehen. Wie bei anderen gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen zeigen sich in Bezug auf Ausmaß und Art der Mediennutzung häufig soziodemografische Unterschiede. Daten und Methoden: Es werden die Daten der aktuellen deutschen HBSC-Studie untersucht. Die repräsentative Stichprobe von 2010 umfasst N=5005 11-, 13- und 15-jährige Schüler/-innen (48,5% männlich) aus Deutschland. Soziodemografische Merkmale und die Dauer der Mediennutzung (Fernsehen, Computer und Computerspiele) wurden über einen Fragebogen selbst berichtet. Es wurde mittels logistischer Regressionsmodelle untersucht, inwiefern soziodemografische Merkmale bei Jungen und Mädchen jeweils mit einer starken Mediennutzung (>4Std. täglich) zusammenhängen. Ergebnisse: Die größte Nutzungszeit nimmt bei beiden Geschlechtern Fernsehen ein. Die tägliche Mediennutzung der Jungen (Median[Interquartilbereich]) von 5,21[5,19]Std. ist insgesamt signifikant (p<0,001)höher als die der Mädchen (4,36[4,43]Std.), was v.a. auf ein höheres Ausmaß von Computerspielen (1,29[2,21] vs. 0,64[1,57]Std.) zurückzuführen ist. 64% der Jungen und 54% der Mädchen berichten eine tägliche Mediennutzungszeit von über 4 Std. Die Chance für einen hohen Medienkonsum steigt besonders deutlich mit dem Alter an: Sie ist für 15-jährige Jungen fast 6mal so hoch wie für 11-jährige (OR=5,85; CI95%: 4,62–7,41), bei 15-jährigen Mädchen ist sie fast um ein Vierfaches höher (3,78; 3,07–4,64). Eine erhöhte Chance für starken Medienkonsum haben auch Migrant/-innen (1,42; 1,07–1,88 bzw. 1,43; 1,13–1,81). Außerdem zeigen Mädchen mit niedrigem versus hohem familiären Wohlstand häufiger eine starke Mediennutzung. Schlussfolgerungen: Die Nutzung elektronischer Medien – v.a. des Computers – fällt höher aus als nach vergleichbaren deutschen Daten. Ein Großteil Jugendlicher konsumiert mehr Medien als aus gesundheitlicher Sicht empfehlenswert. Besondere Risikogruppen stellen männliche und ältere Jugendliche, Migrant/-innen sowie Mädchen aus Familien mit geringem Wohlstand dar. Da der Medienkonsum v.a. mit dem Alter deutlich steigt, scheinen frühzeitige Präventionsmaßnahmen angebracht.