Gesundheitswesen 2011; 73 - A69
DOI: 10.1055/s-0031-1283457

Prävalenz von chronischen Erkrankungen und Komorbidität bei Erwachsenen in Deutschland: Ergebnisse der Studie Gesundheit in Deutschland aktuell 2009 (GEDA 2009) des Robert Koch-Instituts

J Fuchs 1, Y Du 1, M Busch 1, C Lange 1, C Scheidt-Nave 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Einleitung/Hintergrund: Regelmäßig wiederkehrende bundesweite Erhebungen zur Verbreitung chronischer Erkrankungen und Krankheitskombinationen bei Erwachsenen in Deutschland fehlen bislang. Die Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell„ (GEDA) kann als Teil des bundesweiten kontinuierlichen Gesundheitsmonitorings des Robert Koch-Instituts (RKI) hier einen Beitrag leisten. Material und Methoden: In GEDA 2009 wurden 21.262 in Deutschland in Privathaushalten lebende Personen ab 18 Jahren (57% Frauen) mithilfe eines computergestützten, standardisierten Telefon-Interviews (CATI) zu ärztlich diagnostizierten Erkrankungen, Seh- und Hörbeeinträchtigungen sowie dem Vorliegen einer Adipositas befragt. Die Informationen zu insgesamt 22 Gesundheitsproblemen wurden in neun organbezogenen Krankheitsgruppen zusammengefasst und die alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzen sowie das Auftreten von Mehrfacherkrankungen bestimmt. Überzufällig auftretende Kombinationen von Erkrankungen auf der Ebene der Krankheitsgruppen wurden mittels multipler logistischer Regressionsanalysen ermittelt. Alle Ergebnisse sind surveyspezifisch gewichtet. Ergebnisse: Bei beiden Geschlechtern und in allen Altersgruppen werden am häufigsten kardiometabolische Risikofaktoren (KMR) und muskuloskelettale Erkrankungen (MSKE) berichtet. Bei Frauen und Männern ab 50 Jahren folgen in der Rangfolge kardiovaskuläre Erkrankungen (KVE), Krebserkrankungen, Erkrankungen der unteren Atemwege und sensorische Beeinträchtigungen, bei jüngeren Personen Depressionen und Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes (GITE). Die durchschnittliche Anzahl gleichzeitig vorliegender Gesundheitsprobleme steigt mit dem Lebensalter und ist in der Altersgruppe ab 50 Jahren bei Frauen signifikant höher als bei Männern: 2,97 (95%-KI 2,87–3,06) vs. 2,51 (95%-KI 2,41–2,61). Bei den ab 65-Jährigen berichten 51,1% der Männer und 60,8% der Frauen mindestens drei gleichzeitig vorliegende Gesundheitsprobleme. Den höchsten Anteil von Komorbidität weisen Personen mit KMR und MSKE auf. Überzufällig häufig sind z.B. Kombinationen von KMR mit KVE und Nieren-/Lebererkrankungen, sowie MSKE mit GITE und Depressionen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Eine umfassende Abbildung des Krankheitsgeschehens auf Bevölkerungsebene ist wesentlich, um Krankheitslast und Versorgungsbedarf einzuschätzen und Veränderungen des Krankheitsspektrums im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel zu erkennen. Eine Abstimmung und Weiterentwicklung methodischer Standards zur Erfassung und Analyse von Multi- und Komorbidität in epidemiologischen Studien ist dringend erforderlich.