Gesundheitswesen 2011; 73 - A50
DOI: 10.1055/s-0031-1283462

Rehabilitationsziele unter der Perspektive der Nachhaltigkeit: Sind RehabilitandInnen zur Umsetzung postrehabilitativer Ziele motiviert und wie bewerten sie die tatsächliche Adhärenz?

M Glattacker 1, A Dudeck 1, S Dibbelt 2, M Quatmann 2, R Schubmann 3, B Greitemann 2, W Jäckel 1
  • 1Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • 2Institut für Rehabilitationsforschung an der Klinik Münsterland, Bad Rothenfelde
  • 3Dr. Becker Klinik Möhnesee, Möhnesee

Hintergrund: Zielvereinbarungen gelten als Kernstück rehabilitativer Maßnahmen, für deren Ausgestaltung zahlreiche Qualitätsmerkmale definiert wurden. So soll z.B. unter der Perspektive der Nachhaltigkeit die Reichweite von Zielvereinbarungen durch die Vereinbarung postrehabilitativer Ziele über den stationären Rehabilitationszeitraum ausgedehnt werden. Im Folgenden wird analysiert, ob RehabilitandInnen zur Umsetzung postrehabilitativer Ziele motiviert sind und wie sie postrehabilitativ die Adhärenz bewerten. Methoden: Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen des Projekts „PARZIVAR„ (Förderung DRV Bund; Förderschwerpunkt Versorgungsnahe Forschung) in zwei Rehabilitationskliniken. Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK; N=106) bzw. chronischen Rückenschmerzen (RS; N=111) wurden bei Reha-Ende und 6 Monate danach zu Aspekten der Motivation und Adhärenz bzgl. postrehabilitativer Ziele befragt. Hierfür wurden Items entwickelt, welche sich auf die Einstellung und Intention, postrehabilitative Ziele umzusetzen sowie auf die Adhärenz bzgl. der Ziel-Umsetzung beziehen. Die Datenauswertung erfolgte deskriptiv. Ergebnisse: Rund 60% der RehabilitandInnen finden es „sehr wichtig„, dass bei Reha-Ende über postrehabilitative Ziele gesprochen wird. Die Mehrzahl der Patienten hat sich Ziele für die Zeit nach der Rehabilitation vorgenommen (83% RS, 74% KHK), allerdings hält nur rund die Hälfte (42% RS, 52% KHK) es für „sehr wahrscheinlich„, die Ziele tatsächlich weiterzuverfolgen. Nach 6 Monaten berichten 47% der RS- und 64% der KHK-Patienten, dass der „Schwung„, die Reha-Ziele umzusetzen, bis zu diesem Zeitpunkt angehalten habe. Ein beträchtlicher Anteil hat weiterhin gesundheitsbezogene Ziele (83% RS, 72% KHK), für ein Drittel der RS- und ein Viertel der KHK-Patienten hat sich das Ziel seit der Rehabilitation allerdings verändert. Unterschiede zwischen Patientengruppen (Geschlecht, Alter, Schulabschluss) werden im Vortrag berichtet. Diskussion: Die Mehrheit der RehabilitandInnen hält postrehabilitative Ziele für wichtig. Angesichts der Chronizität der untersuchten Erkrankungen wäre es jedoch sinnvoll, einen noch größeren Prozentsatz der RehabilitandInnen für eine nachhaltigere Perspektive zu motivieren. Darüber hinaus scheint in der Unterstützung der RehabilitandInnen in der tatsächlichen Umsetzung postrehabilitativer Ziele Entwicklungspotenzial zu bestehen. Motivationspsychologische Konstrukte wie eine stärker barriereorientierte Bewältigungsplanung könnten dabei hilfreich sein.

Literatur:

Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2007). Rahmenkonzept zur medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung. Vogel, H., Tuschhoff, T., Zillessen, E. (1994). Die Definition von Rehabilitationszielen als Herausforderung für die Qualitätssicherung. Deutsche Rentenversicherung 11, 751–764.