Gesundheitswesen 2011; 73 - A177
DOI: 10.1055/s-0031-1283499

Erhöht die Teilnahme an einem Bonusprogramm der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Inanspruchnahme von primär- und sekundärpräventiven Maßnahmen? Ergebnisse aus der Studie ‘Gesundheit in Deutschland aktuell 2009' (GEDA09)

S Jordan 1, A Starker 1, E von der Lippe 1, C Hagen 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Seit 2004 können die gesetzlichen Krankenkassen für die regelmäßige Inanspruchnahme von qualitätsgesicherten Leistungen zur primären Prävention oder Früherkennung ihren Versicherten einen Bonus vergeben. Ziel der Bonusprogramme ist eine Motivierung zu gesundheitsbewusstem Verhalten durch eine finanzielle oder materielle Belohnung. Wenn die Versicherten ausreichend präventive Aktivitäten nachgewiesen haben, stellen ihnen die Krankenkassen einen Bonus aus, beispielsweise als Geld- oder Sachprämie. Mit dieser Studie sollen erstmals kassenartübergreifend Aussagen zur Nutzung von GKV-Bonusprogrammen gemacht werden. Daten und Methoden: Die Untersuchung beruht auf den Daten des repräsentativen Surveys ‘Gesundheit in Deutschland aktuell 2009’ (GEDA09) des Robert Koch-Instituts. In der Analyse wurden 15.599 aus dem gesamten Bundesgebiet zufällig ausgewählte Personen ab 18 Jahren einbezogen, die zwischen Juli 2008 und Mai 2009 mittels computergestützter Telefoninterviews befragt wurden. Es wurden die Teilnahme an einem Bonusprogramm der GKV, an verschiedenen Maßnahmen der Verhaltensprävention und der Früherkennung sowie soziodemografische Merkmale erhoben. Im Vortrag werden deskriptive und multivariate Analysen vorgestellt. Ergebnisse: In Deutschland nahmen 21,5% der GKV-Versicherten an einem Bonusprogramm teil (95%-KI 20,7–22,3). Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Bonusprogrammen nutzten über ein Fünftel Maßnahmen zur Bewegungsförderung (22,5%; 95%-KI 20,9–24,1), von den Personen ohne Bonusprogramm dagegen nur ein Zehntel (10,3%; 95%-KI 9,7–10,9). Der Anteil der GKV-Versicherten, der eine Zahnvorsorgeuntersuchung durchführen ließ, betrug unter Bonusprogrammteilnehmern 85,1% (95%-KI 83,4–86,7) und unter Nichtteilnehmern 71,1% (95%-KI 70,1–72,2). Eine Krebsfrüherkennungsuntersuchung nutzten 80,9% (95%-KI 78,8–82,8) der in einem Bonusprogramm eingeschriebenen GKV-Versicherten und 71,2% der nicht eingeschriebenen GKV-Versicherten (95%-KI 69,8–72,6). Diskussion/Schlussfolgerungen: Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Bonusprogrammen nahmen deutlich häufiger an Maßnahmen zur Verhaltensprävention und Früherkennung teil als Versicherte, die in keinem Bonifizierungsprogramm eingeschrieben sind. Um abschließend von einem positiven Anreiz der Bonusprogramme sprechen zu können, ist noch zu klären, ob mit den Bonusprogrammen möglicherweise vor allem Versicherte erreicht werden, die ohnehin diese Präventionsmaßnahmen in Anspruch genommen hätten (Mitnahmeeffekte), oder ob die Bonusprogramme tatsächlich als eigener Anreiz wirken.

Literatur:

Jordan S, von der Lippe E, Hagen C (2011) Verhaltenspräventive Maßnahmen zur Ernährung, Bewegung und Entspannung. In: RKI, Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie ‘Gesundheit in Deutschland aktuell 2009’. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: RKI, S. 23–33