Gesundheitswesen 2011; 73 - A35
DOI: 10.1055/s-0031-1283509

Kulturspezifische HIV/AIDS-Prävention und Gesundheitsförderung bei MigrantInnen aus Sub-Sahara-Staaten in Bremen – Betrachtung von gemeindebasierten Interventionen und individuellen psychologischen Aspekten bezüglich der Inanspruchnahme von Präventionsangeboten

G Koch-Göppert 1, N Krischke 1, S Gräser 2, S Stiefler 1
  • 1Freie Universität Berlin, Berlin
  • 2Universität Bremen, Bremen

Einleitung/Hintergrund: MigrantInnen aus Sub-Sahara-Staaten bilden eine schwer erreichbare Zielgruppe im Sinne einer zielgruppenspezifischen HIV/AIDS-Prävention. Fehlinformationen zu HIV/AIDS, Stigmatisierung, religiöse und sexuelle Tabuisierung und patriarchalische Strukturen moderieren die Inanspruchnahme von Angeboten der HIV/AIDS-Prävention. Die externe Evaluation des Afrika-Projekts Bremen soll Aussagen über die Wirksamkeit der Interventionen ermöglichen, um unter anderem Ansatzpunkte und wesentliche Mechanismen von Kultursensibilität zu erforschen, die auf die Versorgungspraxis übertragen werden können. Aspekte einer kultursensiblen Prävention in der Darstellung der Zusammenhänge zwischen kulturellen (Präventionskonzept der Gemeinde) und individuellen Ebenen von Gesundheitsphänomenen werden diskutiert. Daten und Methoden: Ein multilingualer Fragebogen zur Erhebung von HIV/AIDS spezifischem Wissen, Einstellungen und Verhalten von afrikanischen MigrantInnen wurde als Teil einer Evaluationsstudie eines Präventionsprojektes für MigrantInnen aus Sub-Sahara Afrika des Gesundheitsamtes Bremen entwickelt. Ausgewählte quantitative Ergebnisse der KAP-Studie (Knowledge, Attitude & Practice) (N=235) werden vergleichend anhand der folgenden 8 Kategorien diskutiert. Ergebnisse: Gemeindebasierte Gesundheitskonzepte und Gesundheitsdefinitionen: (31% der Befragten haben vom „Afrika-Projekt„ des Gesundheitsamtes gehört; davon sind 20% Männer und nur 11% Frauen); Individuelles Gesundheitswissen und Glaubensvorstellungen: (23% benennen nicht wissenschaftlich belegbare Übertragungswege: z.B. Hexerei 2%, Luft-Übertragung 1%, Anwesenheit im gleichen Raum 1%); Akzeptanz von Gesundheitsnormen und -werten: (79% negieren traditionelle Heiler als Schutz-Instanz, ein Rest von 21% ist nicht eindeutig im Antwortverhalten); Individuelle Bewertungen von Gesundheit: (14% attribuieren gesundes Aussehen als Schutz, 31% hatten noch nie einen HIV-Test, 8% religiöser Glaube schützt); Maßnahmen der Gesundheitsförderung: (Teilnahme am Afrika-Projekt 21%); Gesundheitsverhalten: (Kondomgebrauch letzter Geschlechtsverkehr 88% Männer, 13% der Frauen); Zugang zur Gesundheitsversorgung: (Hohe Zufriedenheit: Allgemeinärzte/Hausärzte 86%, 97% Gesundheitsamt); Soziale Kontakte und soziale Netzwerke: (Informationen/Austausch, 28% in religiöser Gemeinschaft). Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Studie belegen für die Erreichbarkeit und Akzeptanz von HIV/AIDS-Prävention die Notwendigkeit eines höheren Maßes an kultursensitiver und sozial-räumlicher Ausgerichtetheit der Versorgungsstrukturen.

Literatur:

Berry, J.W. (1998). Cultural and ethnic factors in health. In R. West (Eds.), Cambridge handbook of psychology, health and medicine. New York: Cambridge University Press, 84–96. Graeser, S., Krischke, N.R., Koch-Goeppert, G. (2010). Kultursensible Gesundheitskommunikation. (83–86) Prävention: Heft 3/2010. Gräser, S., Krischke, N.R. & Wohlrab, C. (2009). HIV/AIDS-Prävention und Versorgung für Migrantinnen und Migranten aus Sub-Sahara Afrika. Eine Pilotstudie zur Evaluation des ‘Afrika-Projekts' des Gesundheitsamtes Bremen. Bremen: Schriftenreihe 03 des Institutes für Public Health und Pflegeforschung, Universität Bremen. RKI (Robert Koch Institut). Epidemiologisches Bulletin. Berlin: Robert-Koch-Institut; 2010: 7. Juni, Nr.22. Schwarzer, R. (2004). Psychologie des Gesundheitsverhaltens – Einführung in die Gesundheitspsychologie. Göttingen: Hogrefe.