Gesundheitswesen 2011; 73 - A227
DOI: 10.1055/s-0031-1283565

Prekäre Beschäftigung und Gesundheit. Die gesundheitliche Situation von Frauen im Reinigungsberuf

S Mümken 1
  • 1Universität Duisburg-Essen, IAQ, Duisburg

Die Forschung zum Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit hat sich lange Zeit fast ausschließlich auf Berufe und Branchen konzentriert, in denen das männlich geprägte Normalarbeitsverhältnis vorherrschend war. Die Arbeitsbedingungen von Frauen und generell die Arbeit am Rande des klassischen Beschäftigungssystems, die oftmals ein hohes Prekaritätsrisiko mit sich bringt, waren und sind dagegen nur äußert selten Gegenstand arbeitswissenschaftlicher Untersuchungen. Daten und Methoden: Im Rahmen der Studie wurde basierend auf einer internationalen Literaturrecherche eine Konkretisierung des Prekaritätsbegriffes vorgenommen und Indikatoren zu dessen Operationalisierung gesucht. Am Beispiel einer typischen Frauenbeschäftigung sollte die Arbeits- und Lebenssituation der Befragten hinsichtlich dieser Prekaritätsindikatoren dargestellt werden. Außerdem sollte der Frage nachgegangen werden, inwieweit diese Indikatoren im Zusammenhang mit Gesundheit stehen. Konkret wurden über eine Krankenkasse (GEK) fast 1500 Frauen, die als Reinigungskräfte gemeldet waren, angeschrieben und gebeten einen Fragebogen auszufüllen. Ergebnisse: Als zentrales Merkmal von Prekarität lässt sich Unsicherheit in verschiedensten Bereichen identifizieren. Dabei kann Unsicherheit nicht nur auf Arbeitsplatzsicherheit bezogen sein, sondern auch mit einer kritischen, wenig planbaren materiellen (Haushalts-)Situation, geringen Entwicklungsmöglichkeiten, einer schlechten sozialen und rechtlichen Absicherung oder ungenügenden Arbeitsqualität bzw. -sicherheit einhergehen. Zudem beeinflussen stets persönliche Präferenzen und Lebensumstände den Prekaritätsgehalt der Arbeits- bzw. Lebenssituation. Auf Basis von über 400 verwertbaren Antworten wurden zum Teil beträchtliche Missstände unter den Reinigungskräften sichtbar. Insbesondere im Hinblick auf den Aspekt der Arbeitsplatzunsicherheit konnte außerdem ein deutlicher Zusammenhang zu diversen Gesundheitsindikatoren nachgewiesen werden. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit auf, Unsicherheit nach Möglichkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen oder zumindest deren Folgen zu begrenzen. Auch sollte den Beschäftigten für ihre Flexibilität und unfreiwillig eingegangen Unsicherheiten eine angemessene Kompensation angeboten werden. Insgesamt besteht nicht nur ein Bedarf an weiterführender Forschung, sondern auch in der Praxis müssen gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen in atypischen und speziell in prekären Beschäftigungsverhältnissen umgesetzt werden.