Gesundheitswesen 2011; 73 - A226
DOI: 10.1055/s-0031-1283581

Gesundheitsverhalten und Verhaltensänderungen- Welche Bedeutung haben Bildung und Schicht?

M Philippi 1, T Altenhöner 1, J Böcken 2
  • 1Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken
  • 2Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Einleitung/Hintergrund: Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen bilden zentrale Erklärungsfaktoren für Erhalt von Gesundheit und Entstehung von Krankheit [1]. Für Menschen mit niedrigerem Sozialstatus oder geringerer Bildung lässt sich insgesamt ein ungesünderer Lebensstil feststellen [2]. Positive Verhaltensänderungen sind – insbesondere im Hinblick auf Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit – von großem Interesse [3]. Ob es hinsichtlich Motivation und Umsetzung von Änderungen schichtspezifische Unterschiede gibt, wird ambivalent diskutiert [3; 4]. Der Wunsch nach Gesundheit scheint Änderungsintentionen zu fördern, während fehlende psychosoziale und finanzielle Ressourcen hemmenden Charakter haben [3; 5]. Daten und Methoden: Für die Untersuchung wurden Daten der 7. Welle des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung (2004) verwendet. Die querschnittliche Befragung erfasste neben soziodemografischen Merkmalen den allgemeinen Gesundheitszustand, gesundheitliche Verhaltensweisen und Verhaltensänderungen im letzten Jahr. Neben bivariaten Verfahren wurden logistische Regressionen zur Prüfung bildungs- und schichtabhängiger Differenzen im Gesundheitsverhalten bzw. in den Verhaltensänderungen kalkuliert. Die Stichprobe umfasste 1436 Personen bei einem Frauenanteil von 57%. Das Alter betrug im Mittel 48 Jahre (SD=15,9 Jahre). Ergebnisse: Es zeigten sich bildungs- und schichtabhängige Differenzen im Gesundheitsverhalten. Angehörige der oberen Schicht trinken mehr Alkohol, sozioökonomisch Schwächere rauchen häufiger und sind seltener sportlich aktiv. Bedeutsame Unterschiede zeigen sich auch bei präventionsorientierten Maßnahmen wie Saunabesuchen bzw. Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Keine schichtspezifischen Unterschiede ergaben sich hinsichtlich Gesundheitsverhaltensänderungen in den letzten 12 Monaten oder in den Gründen hierfür. Alter und Gesundheitszustand beeinflussen Verhaltensänderungen wesentlich. Als Motivation für Änderungen werden besonders häufig gesundheitsbezogene Ursachen angegeben. Diskussion/Schlussfolgerungen: Obwohl untere soziale Schichten sich in einigen Bereichen ungesünder verhalten und einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen, scheinen Bildung und Schicht keine wesentliche Bedeutung für Verhaltensänderungen zu haben. Von Relevanz sind vor allem Gesundheitszustand und Alter. Für Verhaltensänderungen stehen gesundheitsbezogene Zielsetzungen im Vordergrund – externe Anreize scheinen eher von geringer Bedeutung.

Literatur:

[1] Hurrelmann, K. (2006). Gesundheitssoziologie. Eine Einführung in sozialwissenschaftliche Theorien von Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. 6. Auflage. Weinheim, München: Juventa Verlag [2] Nocon, M., Keil, T., Willich, S.N. (2007). Education, income, occupational status and health risk behaviour. International Journal of Public Health 2007 (15): 401–405 [3] Droomers, M., Schrijvers, C.T.M., Mackenbach, J.P. (2004). Educational differences in the intention to stop smoking. Explanations based on the Theory of Planned Behaviour. European Journal of Public Health 2004 (14): 194–198 [4] Reid, J., Hammond, D., Boudreau, C., Fong, G., Siahpush, M. (2010). Socioeconomic disparities in quit intentions, quit attempts, and smokink abstinence among smokers in four western countries: Findings from the International Tobacco Control Four Country survey. Nicotine & Tobacco Research 12 (1): 20–33 [5] Hankonen, N., Absetz, P., Haukkala, A., Uutela, A. (2009). Socioeconomic Status and Psychosocial Mechanisms of Lifestyle Change in a Type 2 Diabetes Trial Prevention. Annals of Behavioral Medicine 38 (2): 160–165