Gesundheitswesen 2011; 73 - A347
DOI: 10.1055/s-0031-1283589

Beteiligung verschiedener Professionen an der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas im Interdisziplinären SPZ an der Charité-Universitätsmedizin Berlin

I Pöche-Guckelberger 1, P Rücker 2, S Wiegand 2, B Babitsch 1
  • 1Berlin School of Public Health, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Hintergrund: Die zunehmende Anzahl adipöser Kinder und Jugendlicher in den letzten Jahrzehnten ist eine der großen Public Health-Herausforderungen. Aufgrund der multifaktoriellen Ursachen und verschiedenen Begleit- und Folgeerkrankungen ist ein ganzheitliches Versorgungskonzept erforderlich. Die in der Adipositas-Sprechstunde behandelten Patientinnen und Patienten wurden entsprechend ihres Risikoprofils in verschiedene Patientengruppen eingeteilt, um eine differentielle Behandlung durch ein interdisziplinäres Team zu realisieren. Zur Analyse der Beteiligung der verschiedenen Professionen dieses Teams an der Versorgung der unterschiedlichen Patientengruppen wurde eine Untersuchung durchgeführt. Daten und Methoden: 231 deutsche und türkische Kinder und Jugendliche mit Adipositas oder extremer Adipositas wurden zwischen Januar 2003 und Dezember 2008 in der Adipositas-Sprechstunde betreut. Die Merkmale Risikoprofil (ABCD-Klassen), Diagnose, Geschlecht und Herkunft charakterisierten die Kinder und Jugendlichen. Die Kontakte zwischen den verschiedenen Berufsgruppen und den Patientinnen und Patienten wurden als Variablen zur Beschreibung der Beteiligung an der Betreuung festgelegt. Untersucht wurden der Einfluss der Merkmale auf die Gesamthäufigkeit und den Gesamtumfang aller Kontakte im Studienzeitraum sowie die Häufigkeit und der Umfang der Kontakte der einzelnen Berufsgruppen. Ergebnisse: Die Beteiligung der verschiedenen Berufsgruppen an der Versorgung zeigte statistisch signifikante Unterschiede in den ABCD-Klassen. Je höher das Risikoprofil desto weniger Kontakte hatten die Ärztinnen und Ärzte sowie die Ernährungsberaterinnen. Die Kontakte zu den Psychologinnen und Psychologen und der Sozialarbeiterin nahmen dagegen mit dem Risikoprofil zu. In den Diagnose-, Geschlechter- und ethnischen Herkunftsgruppen war die Beteiligung der einzelnen Professionen homogen, wobei Extremwerte bei den Kontakten zu den Psychologinnen und Psychologen sowie der Sozialarbeiterin auftraten. Diskussion: Die Unterschiede in der Beteiligung der einzelnen Professionen an der Behandlung der adipösen Kinder und Jugendlichen hängen mit dem Risikoprofil der Kinder und Jugendlichen zusammen. Je schwieriger die familiären Verhältnisse und die psychosoziale Lage, desto stärker sind die Psychologinnen und Psychologen sowie die Sozialarbeiterin eingebunden. Eine stärkere Ausrichtung der Sozialpädiatrischen Zentren auf die psychosoziale Versorgung könnte zukünftig notwendig werden.