Gesundheitswesen 2011; 73 - A317
DOI: 10.1055/s-0031-1283591

Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheit im Jugendalter: Eine Mehrebenenanalyse in 27 Wohlfahrtsstaaten

K Rathmann 1, M Richter 2
  • 1Humboldt Universität zu Berlin, Berlin
  • 2Martin Luther Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)

Einleitung/Hintergrund: Dass das wohlfahrtsstaatliche Arrangement, die sozialen Sicherungsausgaben, das Wohlstandsniveau und die Einkommensungleichheit auf Gesellschaftsebene einen Einfluss auf die Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten ausüben, ist für Erwachsene belegt worden. Welche Unterschiede in der subjektiven Gesundheit und der gesundheitlichen Ungleichheit von Heranwachsenden vorliegen, ist bislang wenig erforscht. Der Beitrag untersucht daher, welche Unterschiede in der Beschwerdelast und soziökonomisch bedingten Ungleichheit bei 11- bis 15-Jährigen zwischen hoch entwickelten Wohlfahrtsstaaten und aufgrund von makrostrukturellen Determinanten bestehen. Daten und Methoden: Datenbasis ist die internationale „Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)„-Studie 2005/06. Sie umfasst 11- bis 15-jährige Jugendliche in 27 europäischen und nordamerikanischen Ländern (n=134.632), die in fünf Wohlfahrtsstaatsregimes (sozialdemokratisch, konservativ, liberal, süd- und osteuropäisch) zusammengefasst wurden. In hierarchischen Regressionsmodellen wurden für die Beschwerdelast als gesundheitlicher Outcome individuelle (familiärer Wohlstand) und makrostrukturelle Determinanten (gesellschaftlicher Wohlstand, Einkommensungleichheit, Ausgaben für das Gesundheitssystem, Regime-Dummies) analysiert. Ergebnisse: Im liberalen Regime und damit in Ländern mit hoher Einkommensungleichheit fallen die Beschwerden und sozioökonomisch bedingten Unterschiede in der Beschwerdelast am höchsten aus. Der gesellschaftliche Wohlstand und die Ausgaben für das Gesundheitssystem sind dagegen nicht mit den Beschwerden assoziiert. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheiten sollte bereits im Kindes- und Jugendalter in allen Regimes und insbesondere in liberalen Wohlfahrtsstaaten fokussiert werden. Makrostrukturelle Determinanten, wie die Einkommensungleichheit, stellen wichtige Stellschrauben zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheiten dar.