Gesundheitswesen 2011; 73 - A193
DOI: 10.1055/s-0031-1283608

Kommunikationspräferenzen chronischer Rückenschmerzpatienten in der medizinischen Rehabilitation

E Schmidt 1, L Gramm 1, E Farin-Glattacker 1
  • 1Uniklinikum Freiburg, Freiburg

Hintergrund: Der Interventionserfolg bei chronischen Schmerzpatienten kann von einer gelungenen Patient-Behandler-Kommunikation abhängen [1], die sich u.a. dadurch auszeichnet, dass der Behandler die individuellen kommunikationsbezogenen Präferenzen des Patienten berücksichtigt [2]. Die Patient-Arzt-Kommunikation bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (kurz: CRS) wurde bisher selten untersucht, obwohl es Hinweise auf charakteristische, kommunikationsbezogene Präferenzen der CRS-Patienten gibt [3]. Die vorliegende Studie (im Kontext des Projekts Die Patient-Behandler-Kommunikation bei chronisch Kranken, gefördert vom BMBF) überprüft zwei Fragestellungen: 1. Was ist Patienten mit CRS bezüglich der Kommunikation mit ihrem Arzt wichtig? 2. Zeigen sich abhängig von soziodemographischen Patientenmerkmalen interindividuelle Unterschiede hinsichtlich der Kommunikationspräferenzen? Daten und Methoden: Die Patientenpräferenzen wurden mit dem KOPRA-Bogen [4] erfasst. Dieser besteht aus 32 Items, die zu vier Skalen zusammengefasst werden: Patientenpartizipation und Patientenorientierung, effektive und offene Kommunikation, emotional unterstützende Kommunikation und Kommunikation über persönliche Verhältnisse. Bei den 701 teilnehmenden Rehabilitanden mit CRS beträgt der Altersmittelwert 51 Jahre (SD=11,11), 60% sind weiblich. Ergebnisse: Die CRS-Patienten empfinden eine effektive und offene Kommunikation des Arztes als am wichtigsten (M=4,06; SD=0,61), während dem Wunsch, mit Behandlern über Persönliches zu reden am wenigsten Bedeutung beigemessen wird (M=2,25; SD=0,86). Bezüglich der zweiten Fragestellung finden sich folgende Ergebnisse: Während die Kommunikationspräferenzen der CRS-Patienten nicht von deren Schulabschluss abhängen (je nach Skala: p=0,31–0,95), scheinen das Geschlecht (p=0,01–0,82) und das Alter (p=0,01–0,12) manche Wünsche im Arzt-Patient-Gespräch zu beeinflussen: Das Bedürfnis nach offener Kommunikation ist bei den jüngeren Rehabilitanden am größten, unterdessen ist älteren Patienten eher die Kommunikation über Persönliches wichtig. Frauen mit CRS haben ein stärkeres Bedürfnis nach emotional unterstützender Kommunikation als Männer. Diskussion: In manchen Kommunikationsbereichen scheint eine verstärkte Berücksichtigung der Patientenbedürfnisse durch den Arzt wünschenswert. CRS-Patienten unterscheiden sich in ihren Kommunikationspräferenzen, so dass Ärzte ein flexibles Kommunikationsverhalten zeigen sollten. Von uns wurde eine Software entwickelt, die eine automatisierte, zeitnahe Auswertung des KOPRA-Fragebogens ermöglicht und Bestandteil einer zukünftigen Ärzteschulung werden soll.

Literatur:

1. Bredart, A., Bouleuc, C. & Dolbeault, S. (2005). Doctor-patient communication and satisfaction with care in oncology. Current Opinion in Oncology, 17. 351–354. 2. Taylor, K. (2009). Paternalism, participation and partnership-The evolution of patient centeredness in the consultation. Patient Education and Counseling, 74(2), 150–155. 3. Laerum, E., Indahl, A. & Skouen, J. S. (2006). What is „the good back-consultation“? A combined qualitative and quantitative study of chronic low back pain patients' interaction with and perceptions of consultations with specialists. Journal of Rehabilitation Medicine, 38, 255–262. 4. Farin, E., Gramm, L., Kosiol, D. (2011). Development of a questionnaire to assess communication preferences of patients with chronic illness. Patient Education and Counseling, 82(1), 81–88.