Gesundheitswesen 2011; 73 - A153
DOI: 10.1055/s-0031-1283613

Diagnoseanlass von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren – Eine schriftliche Patientinnenbefragung nach Einführung des qualitätsgesicherten Mammografie-Screenings in Niedersachsen

R Schnakenberg 1, I Urbschat 1, C Vohmann 2, C Jopp 3, J Kieschke 2
  • 1Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle, Oldenburg
  • 2Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Oldenburg
  • 3Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Hannover

Hintergrund: Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen in Deutschland. In Niedersachsen sind jährlich 34,2% aller Krebsneuerkrankungen bei Frauen auf Brustkrebs zurückzuführen [1]. Mit dem Ziel der Mortalitätssenkung beschloss der Bundestag 2002 die Einführung des flächendeckenden, nach EU-Leitlinien qualitätsgesicherten Mammografie-Screenings für 50–69-jährige Frauen. Aussagen über die Mortalitätsreduktion sind erst in einigen Jahren möglich. Um Unterschiede von prädiktiven Parametern, wie z.B. der Tumorstadienverteilung zwischen Screening-Teilnehmerinnen und Nicht-Teilnehmerinnen zu evaluieren, hat das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) Brustkrebspatientinnen zum Diagnoseanlass und zu Diagnoseverfahren befragt. Studienziel war auch, Kenntnisse zu erhalten über die Häufigkeit von Mammografien außerhalb des qualitätsgesicherten Screenings bei symptomlosen Frauen („graues Screening“). Methodik: Alle 3.313 dem EKN gemeldeten 50–69-jährigen Brustkrebspatientinnen des Diagnosejahres 2008 wurden schriftlich um das Ausfüllen eines Fragebogens zu Diagnoseanlass, Diagnoseverfahren, Risikofaktoren und zu weiteren Faktoren gebeten. Die Fragebogenangaben wurden um die im EKN vorhandenen medizinischen Tumordaten ergänzt. Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug bis Dezember 2010 54,2% (n=1.795). Unter den Nicht-Teilnehmerinnen des Screenings geben 26% an, eine Mammografie zur Krebsfrüherkennung durchgeführt zu haben. Screening-Teilnehmerinnen haben eine günstigere T-Stadien-Verteilung als Nicht-Teilnehmerinnen. Es zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen im Screening befundeten und außerhalb befundeten Frauen hinsichtlich Alter bei Diagnose, T-Stadien-Verteilung und familiärer Vorbelastung. Die logistische Regressionsanalyse ergibt, dass 50–54-jährige Frauen eine 50% erhöhte Chance gegenüber den älteren Frauen haben, dass ihr Brustkrebs außerhalb des Screenings entdeckt wird (OR: 1,5 [95%-CI: 1,11–2,02]). Daneben ist die Chance der Brustkrebsdiagnose außerhalb des Screenings höher bei familiärer Vorbelastung (OR 1,65 [95%-CI: 1,29–2,09] und Privatversichertenstatus (OR 1,66 [95%-CI: 1,18–2,35]. Diskussion: Auch nach Einführung des qualitätsgesicherten Mammografie-Screenings ist die Durchführung einer Mammografie zur Krebsfrüherkennung bei symptomlosen Frauen in ambulanten Praxen noch verbreitet. Anders als für das qualitätsgesicherte Mammografie-Screening wird für dieses „graue Screening“ keine Evaluation von Nutzen und Schaden möglich sein. Die Aufklärung der Frauen über die Vorteile einer Qualitätssicherung nach EU-Leitlinien und einer bevölkerungsbezogenen Evaluation sollte verbessert werden.

Literatur:

1. Krebs in Niedersachsen 2006/07; Jahresbericht, Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle, Oldenburg, 2010