Gesundheitswesen 2011; 73 - A31
DOI: 10.1055/s-0031-1283614

Süßigkeiten-Konsum bei Kindergartenkindern – Produkte, Verzehrhäufigkeiten und Risikogruppen

S Schneider 1, M Jerusalem 1, F De Bock 1
  • 1Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim

Einleitung: Der Süßigkeiten-Konsum im Kleinkindalter hat eine prägende und damit gesundheitsrelevante Wirkung auf das weitere Leben. Umso mehr überrascht es, dass bis dato national wie international nur wenige Studien zum Süßigkeiten-Konsum von Kleinkindern existieren. Die vorliegende Studie erfasst erstens den Süßigkeiten-Konsum von Kindergartenkindern hinsichtlich Ausmaß und Kontext. Zweitens wurde untersucht, inwieweit soziodemografische, sozialisatorische, erzieherische und motivationale Faktoren beim Süßigkeitenkonsum von Kleinkindern eine Rolle spielen. Daten und Methoden: Im Rahmen der Baselineerhebung einer landesweiten Evaluationsstudie zum Ernährungs- und Bewegungsprogramm „Komm mit in das gesunde Boot„ der Baden-Württemberg-Stiftung wurden 879 standardisierte Proxyinterviews mit Eltern von 3- bis 6-Jährigen aus 52 Kindergärten in Baden-Württemberg durchgeführt. Die Rücklaufquote betrug 86%. Der Fragebogen umfasste 87 Fragen zur biopsychosozialen Situation, zur Ernährung und zur Gesundheit der Kinder. Der Süßigkeiten-Konsum wurde mittels differenzierter Food-Frequency-Items erfasst und in einen annähernd normal verteilten Summenindex zur „wöchentlichen Verzehrhäufigkeit von Süßigkeiten„ überführt. Ergebnisse: Kein einziges der untersuchten Kinder verzichtete völlig auf Süßigkeiten. Im Durchschnitt wurden pro Woche 9,7-mal (±6,2) Süßigkeiten verzehrt. Jedes sechste Kind bekam durchschnittlich mehr als zweimal täglich Süßigkeiten (17%). Dabei waren Kekse, Gummibärchen und Schokolade am beliebtesten. Kinder aus türkischen und arabischen Familien aßen deutlich mehr Süßigkeiten als Kinder deutscher Eltern (wöchentliche Verzehrshäufigkeit: 13,1±8,0 versus 9,3±5,4; p<0,001). Gleiches fand sich für Kinder aus Familien mit geringerer Bildung (10,9±7,7; p=0,008), mit defizitärem Ernährungswissen (11,5±7,0; p<0,001) und fehlenden elterlichen Zugangsregeln (11,7±7,8; p=0,006). Dagegen fanden sich weder signifikante geschlechts- noch altersspezifische Unterschiede in der Verzehrhäufigkeit (p>0,05). Schlussfolgerungen: Es zeigte sich auf Basis dieses großen regionalen Kollektives von Kindergartenkindern, dass dem familiären Kontext bei der Prägung des Süßigkeiten-Konsums im frühen Kindesalter eine zentrale Rolle zukommt. Ansatzpunkte für künftige Präventionsstrategien sind zum einen zielgruppenspezifische Interventionen, welche eine gesonderte Ansprache und Aufklärung türkisch- und arabischstämmiger Eltern beinhalten und deren Esskultur berücksichtigen sollten. Zum anderen sollten Interventionen darauf zielen, den Eltern ihre Vorbildfunktion zu verdeutlichen.