Gesundheitswesen 2011; 73 - A199
DOI: 10.1055/s-0031-1283647

Potenziale und Barrieren eines aufsuchenden Ansatzes am Beispiel des Projekts Stadtteilmütter

R Stolzenberg 1, G Berg 1, U Maschewsky-Schneider 1
  • 1Berlin School of Public Health an der Charité, Berlin

Einleitung/Hintergrund: In dem Interventionsprojekt in Berlin-Kreuzberg wurden 60 Frauen zu Stadtteilmüttern (STM) geschult; Hauptthemen der Schulung waren Erziehung und gesunde Entwicklung von Kindern. Die Mehrheit der STM hat eine Migrationsgeschichte. Durch Hausbesuche geben sie ihr Wissen an Mütter in einem sozial besonders benachteiligten Stadtteil weiter, um deren Erziehungs- und Gesundheitskompetenz zu stärken. Zusätzlich organisieren sie Elterncafés in Kitas und Schulen. Die Evaluation des Projekts wird gefördert durch das BMBF. Daten und Methoden: Die Evaluation untersucht die Wirkung der Intervention auf die Familien und das soziale Umfeld durch ein multimethodisches Vorgehen. Datenbasis dieser Analyse sind Befragungen der STM, die Auswertung von knapp 100 Hausbesuchs-Dokumentationsbögen und von 15 qualitativen Interviews mit aufgesuchten Frauen sowie die Ergebnisse teilnehmender Beobachtungen. Ergebnisse: Die STM erreichen besonders belastete Familien, die sie bei der Lösung ihrer Probleme unterstützen, indem sie Zugang zu Hilfsangeboten herstellen. Es gelingt ihnen außerdem, den Frauen Erkenntnisse zu vermitteln, die ihr Selbstvertrauen und ihre Kompetenz stärken, ihr Verhältnis zu ihren Kindern verbessern oder sie zu gesundheitsförderlichem Verhalten anregen. Der Umfang der realisierten Hausbesuche ist geringer als erwartet, da bei der Zielgruppe auch Vorbehalte gegenüber dem Angebot bestehen. Gründe dafür liegen in einem – vermeintlich oder tatsächlich – nicht vorhandenen Bedarf, der Angst vor Stigmatisierung, der dominanten Rolle der Männer und dem Schutz der innerfamiliären Privatsphäre nach außen, auch gegenüber der eigenen Community. In kooperierenden Kitas und Schulen erreichen die STM dagegen auch Familien, die einem Hausbesuch skeptisch gegenüberstehen und geben ihnen in Veranstaltungen und Einzelgesprächen Information und Unterstützung. Diskussion/Schlussfolgerungen: Ein aufsuchender Ansatz allein ist für die Arbeit mit dieser Zielgruppe nicht ausreichend. Erfolgreicher ist die Kombination von Komm- und Gehstrukturen unter Einbeziehung von regionalen Einrichtungen. Die aktive Kooperation und Unterstützung durch die beteiligten Fachkräfte ist dabei von entscheidender Bedeutung.