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DOI: 10.1055/s-0031-1283673
Entspricht das derzeitige psychotherapeutische Versorgungsangebot dem Bedarf?
Einleitung/Hintergrund: Psychische Erkrankungen der deutschen Bevölkerung sind von zunehmender volkswirtschaftlicher Bedeutung. Sie sind zweithäufigste Krankheitsursache für Arbeitsunfähigkeit und verursachen 17,6% aller Arbeitsunfähigkeitsfälle. Daten und Methoden: Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer fragebogengestützten Befragung der Mitglieder der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung vor, an der 2.497 Psychotherapeuten teilnahmen (Rücklaufquote von 33,3%). Die Datenerhebung erfolgte mittels Selbstangaben der Therapeuten. Schwerpunkte der Befragung lagen auf den Charakteristika des psychotherapeutischen Versorgungsangebots, auf Zugangs- und Aufnahmesystemen sowie Umfang und Nutzung von Therapiekontingenten und dem sozioökonomischen Status der Patienten. In der Auswertung wurden die Ergebnisse der Studie nach demographischen Merkmalen der Therapeuten, ihrer Approbation und spezifischen Ausbildung sowie regionalen Kriterien differenziert analysiert. Hierbei wurden sowohl bivariate als auch multivariate Methoden angewendet. Ergebnisse: In der Stichprobe bestätigte sich das hohe Durchschnittsalter der Psychotherapeuten von 51,8 Jahren. Der Frauenanteil nahm in den jüngeren Altersgruppen zu. Das durchschnittliche wöchentliche Therapiestundenangebot lag bei 24,5 Stunden und war bei den weiblichen Psychotherapeuten signifikant niedriger. Bei den Therapeuten, die bei fehlendem sofortigen Therapieplatz eine Warteliste führten, betrug die Wartezeit über 2,5 Monate. Dabei ergaben sich signifikante regionale Abweichungen zuungunsten geringer besiedelter Regionen; gleichzeitig hatten Kinder- und Jugendpsychotherapeuten längere Wartelisten als ihre Kollegen, die Erwachsene behandeln. Patienten im mittleren Lebensalter wurden in Relation zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich häufiger behandelt, während eine geringe Behandlungsquote in späten Altersgruppen auffällig war. Patienten bzw. auch Eltern von jugendlichen Patienten mit Hauptschulabschluss und darunter waren im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil unterrepräsentiert. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Untersuchung liefert Hinweise auf Unterversorgung im Bereich der ambulanten Psychotherapie. Zusätzlich lassen sich Versorgungsunterschiede feststellen, sowohl was verschiedene Patientengruppen angeht als auch unter regionalen Aspekten. Bei der Einschätzung der zukünftigen Versorgungssituation ist zu berücksichtigen, dass ein hoher Anteil der derzeit tätigen Psychotherapeuten wahrscheinlich in den nächsten 10–15 Jahren ausscheidet. Der steigende Frauenanteil liefert Hinweise auf ein möglicherweise sinkendes Therapieangebot pro Psychotherapeut.