Suchttherapie 2011; 12 - Editorial
DOI: 10.1055/s-0031-1284476

Deutscher Suchtkongress – eine Zwischenbilanz

M Klein 1, A Batra 2, KF Mann 3, HV Happel 4, H Stöver 4
  • 1Präsident der dg sps
  • 2Präsident der DG-Sucht
  • 3Vorsitzender des Leitungsrates Deutscher Suchtkongress
  • 4Kongresspräsident

Was noch vor vier Jahren wie ein gewagtes Experiment erschien, hat sich mittlerweile etabliert und bewährt: Der Deutsche Suchtkongress, der als gemeinsame Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie und Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie aus der Taufe gehoben wurde, wird in diesem Jahr unter Beteiligung zahlreicher weiterer Fachgesellschaften u. a. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS e.V.) zum 4. Mal durchgeführt.

Vor vier Jahren war zunächst vereinbart worden, vier Kongresse abzuwarten, ehe eine Beurteilung dieses neuen Modells erfolgen sollte. Was waren die Ziele? Durch die Bündelung der Veranstaltung verschiedener Fachgesellschaften sollte die Bedeutung des einzelnen Kongresses erhöht werden. Die gemeinsamen Interessen für Suchtforschung, Suchttherapie und Suchtkrankenversorgung zu bündeln, war eine überzeugende Idee. Doch nicht nur für die Fachgesellschaften, auch für die Besucher von Suchtkongressen, sollte es sich auszahlen: Weniger Termine, ein größeres, breiteres Angebot, das von der Forschung über die Sozialwissenschaften, Verhaltenswissenschaften und Biologie bis hin zur Medizin und Suchttherapie reichen sollte, die Möglichkeit zur Begegnung mit Fachleuten aller Disziplinen und die regelmäßigere Auseinandersetzung mit neuen Themen sollten die Besucher überzeugen.

Nach vier Jahren ist es Zeit, Bilanz zu ziehen und festzustellen: Dieser Weg hat sich gelohnt. Nach dem Start in Mannheim und den weiteren Kongressen in Köln und Tübingen erwarten wir in Frankfurt ein umfassendes Programm, weiter steigende Teilnehmerzahlen und eine Auswahl aus vielen verschiedenen Themenbereichen. Die Beteiligung der anderen Fachgesellschaften, die wachsende Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die öffentliche Wahrnehmung des Deutschen Suchtkongresses durch Presse, Funk und Fernsehen sind weitere Belege für die Richtigkeit dieser Entscheidung.

Zwischenzeitlich hat sich ein festes Programmkomitee gebildet, das die Geschicke, Schwerpunkte und Inhalte des Deutschen Suchtkongresses auch in den nächsten Jahren lenken wird. Künftig wird es einen festen Veranstaltungsort geben. Schon 2012 wird die fünfte Veranstaltung, dann in Verbindung mit den „Suchttherapietagen Berlin-Brandenburg“, in Berlin ausgetragen. Zu erwarten sind weitere Synergien, ein attraktiver Tagungsort und eine noch ökonomischere Organisation.

Mit dem diesjährigen 4. Kongress in der Reihe Deutscher Suchtkongress wird die erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden Fachgesellschaften, DG- Sucht und dg sps, fortgesetzt und vertieft.

Der Deutsche Suchtkongress 2011 wird in diesem Jahr federführend von der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie e.V. (dg sps) in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Suchtforschung an der Fachhochschule Frankfurt (ISFF) ausgerichtet.

Das Ziel des Deutschen Suchtkongresses ist es, eine umfassende Übersicht zu neuen Erkenntnissen aus der Grundlagen-, Anwendungs- und Versorgungsforschung zu präsentieren. Darüber hinaus werden neue Ansätze der Behandlung Abhängigkeitskranker/-gefährdeter und Rehabilitation sowie gesundheits- und suchtpolitische Entwicklungen diskutiert.

Fast 250 Abstracts sind eingegangen, von denen 178 vom Programmkommittee ausgewählt wurden. Diese finden Sie im folgenden Programm, aufgeteilt auf 45 Symposien. Neben den Beiträgen zu den klassischen substanzbezogenen Abhängigkeitsstörungen (Alkohol, Tabak, illegale Substanzen, multipler Substanzkonsum) inklusive rezenter Kontroversen (Diagnosediskussion, kontrollierter versus reduzierter Konsum vs. abstinenzorientierter Ansatz, Risiko des Cannabiskonsums etc.), werden sich viele Präsentationen mit den Verhaltenssüchten befassen: pathologisches Glücksspielen/internet- und Computerspielgebrauch, gestörtes Essverhalten. Sucht wird lebenslagenabhängig in besonderen Settings (Gefängnis), biographischen Abschnitten (Rauschtrinken bei Kindern und Jugendlichen, Alter), Lebensformen (Familie) und Einschränkungen (geistige Behinderung) betrachtet. Daneben ergeben sich weitere Themenvertiefungen wie zur Problematik der Gewalt und Sucht sowie Symposien zu aktuellen Aspekten der Versorgungsentwicklung (Werte, Behandlungsleitlinien etc.). Pharmakologische und psycho-soziale Aspekte werden bei den verschiedenen Behandlungsoptionen soweit möglich immer zusammen betrachtet (z.B. Psychotherapie und Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger).

Von großem Interesse, und mit Frankfurter Bezug, dürften die lokal/regional ausgerichteten Symposien sein, die selbst in den zahlreichen Exkursionen während des Kongresses ‚erfahren' werden können. Der besondere Frankfurter Weg ist Ausdruck eines fachlichen, wissenschaftlichen und politischen Konsenses im Umgang mit dem Problem illegalen Drogenkonsums, der auch über Deutschland hinaus Beachtung und Anerkennung gefunden hat. Die Bedingungen für eine gelingende kommunale Kooperation werden beispielhaft beschrieben und analysiert (z.B. Diamorphinvergabe, Zusammenspiel von Drogenhilfe, -forschung und -politik).

Die Plenarvorträge internationaler ExpertInnen bilden darüber hinaus Kernprobleme und neue Trends in der medizinischen, psycho-sozialen und psychotherapeutischen Behandlung, Sucht- und Drogenpolitik, und Public Health-Debatte ab. Von großem Interesse sind dabei Pathologisches Glücksspiel und der Zusammenhang von Internetabhängigkeit und Pornographie.

Die Postersessions zeigen schließlich einen Querschnitt durch die Forschungs- und Behandlungslandschaft abhängiger Menschen in Deutschland und den Nachbarländern.

Der Deutsche Suchtkongress bietet somit einen abwechslungsreichen und von regem Austausch geprägten Kongress der zu einem Theorie-Praxis-Transfer beiträgt. Wir laden Sie herzlich nach Frankfurt ein und freuen uns auf anregende Beiträge und Diskussionen.


Wir freuen uns, Sie auch in diesem Jahr beim Deutschen Suchtkongress begrüßen zu können und hoffen auf viele weitere erfolgreiche Jahre.


Prof. Dr. M. Klein (Präsident der dg sps)

Prof. Dr. A. Batra (Präsident der DG-Sucht)

Prof. Dr. K. Mann (Vorsitzender des Leitungsrates Deutscher Suchtkongress)

Prof. Dr. V. Happel und Prof. Dr. H. Stöver
(Kongresspräsidenten)

Prof. Dr. Michael Klein

Prof. Dr. Anil Batra

Prof. Dr. Karl F. Mann

Prof. Dr. Hans Volker Happel

Prof. Dr. Heino Stöver