Suchttherapie 2011; 12 - S1_2
DOI: 10.1055/s-0031-1284478

Zur Schnittstellenproblematik von SGB II und SGB XII am Beispiel eines tagesstrukturierenden Angebotes für erwerbsgeminderte Abhängigkeitskranke – Handlungsempfehlungen

B Baumann 1, B Nagel 2
  • 1Integrative Drogenhilfe e.V., Frankfurt am Main
  • 2Stiftung Waldmühle, Innere Mission, Frankfurt am Main

Teilhabe ist sowohl ein zentrales Mittel und Ziel des Genesungsprozesses von Drogenabhängigen als auch ein zentraler Begriff der Sozialgesetzgebung. Am Beispiel von Arbeit/Beschäftigung und Tagesstruktur sollen Möglichkeiten und Grenzen der Teilhabe unter den Bedingungen der SGB II / III und SGB XII beschrieben und erörtert werden.

Leistungen zur Teilhabe sollen eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit vermeiden, überwinden, mindern oder deren Verschlimmerung verhüten. Ausgehend von Anmerkungen zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung werden die Problemlagen und Teilhabebedarfe Drogenabhängiger in den Bereichen Arbeit/Beschäftigung und Tagesstruktur dargestellt.

Dabei zeigt sich, dass die relevanten Bestimmungen der Sozialgesetzgebung eine angemessene Teilhabe von Drogenabhängigen verhindern, weil sie als Voraussetzung für Leistungen eindeutige und dauerhafte Zuordnungen in die Rubriken erwerbsfähig bzw. erwerbsgemindert fordern. Diese Abgrenzungserfordernisse an der Schnittstelle von SGB XII und SGB II / III können dazu führen, dass Leistungsberechtigte im Übergang vom einen in den anderen Rechtskreis von den für den Genesungsprozess erforderlichen Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen werden.

Am Beispiel eines tagesstrukturierenden Projektes für dauerhaft erwerbsgeminderte Abhängigkeitserkrankte wird skizziert, warum die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nur kontingentes Ziel sein darf und welche Bedeutung in diesem Kontext die Begriffe arbeitsmarktfern und arbeitsmarktnah haben.

Um diese Situation nachhaltig zu verbessern, ist eine koordinierte Zusammenarbeit aller Beteiligten notwendig. Unmittelbares Ziel dieses Vorgehens ist es, ausgehend von einer verbindlichen Hilfeplanung, passgenaue Leistungen zur Genesung des Abhängigkeitserkrankten bereitzustellen. Perspektivisches Ziel ist es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie dem Verlauf des Genesungsprozesses Abhängigkeitserkrankter adäquater werden.