Suchttherapie 2011; 12 - S4_1
DOI: 10.1055/s-0031-1284492

Glücksspielsucht und Alkoholismus: Evaluation der Spezifität des Vulnerabilitätsmodells zur Erklärung von Glücksspielsucht

M Vierhaus 1, J Ewering 1
  • 1Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft der Universität Bielefeld, Bielefeld

Das Vulnerabilitätsmodell der Glücksspielsucht (Petry, 2003) postuliert ein triadisches Bedingungsgefüge aus Selbstwertstörung, Erregungsdysregulation und Beziehungsstörung als Erklärungsgrundlage für die Entstehung der Glücksspielsucht. Ziel der Studie war eine fundierte empirische Überprüfung des Modells verbunden mit der Frage, ob sich pathologische Glücksspieler anhand der postulierten Erklärungsgrößen von Alkoholabhängigen und einer Kontrollgruppe unterscheiden. Hierzu wurden Angaben von 145 Probanden (51 pathologische Glücksspieler, 49 Alkoholabhängige und 45 Kontrollprobanden) zu den drei Erklärungsgrößen des Vulnerabilitätsmodells erfasst. Zum Einsatz kamen die Skalen „Emotionaler Selbstwert“ (MSWS), „Externalität“ (FKK), „Negative Alltagsereignisse“ (ATE–36), die Skalen zur kognitiven Emotionsregulation (CERQ) sowie zu Bindungserfahrungen in der Kindheit (AHQ) und in der aktuellen Partnerschaft (BFPE). Die Ergebnisse multivariater Varianzanalysen zeigen, dass sich in allen drei Bereichen bedeutsame Unterschiede zwischen den drei Gruppen ergeben. In einem zweiten Schritt wurden alle Skalen in einer Diskriminanzanalyse verrechnet, um zu untersuchen, welche Gewichtung der einzelnen Skalen zu einer signifikanten Unterscheidung der drei Gruppen führt. Aufgrund der optimalen Gewichtung der Skalen kann 74.5% der Gesamtstichprobe (86.7% der Kontrollgruppe, 76.5% der pathologischen Glücksspieler und 61.2% der Alkoholabhängigen) überzufällig korrekt den Gruppen zugeordnet werden. Eine Unterscheidung zwischen pathologischen Glücksspielern und der Kontrollgruppe gelingt vor allem aufgrund der Dimensionen „Selbstwertstörung“ und „Beziehungsstörung“, während sich die pathologischen Glücksspieler und die Alkoholabhängigen durch die Dimension „Erregungsdysregulation“ voneinander abgrenzen lassen. Insgesamt legen die Ergebnisse der Studie nahe, dass das Vulnerabilitätsmodell eine spezifische Erklärungsgrundlage für die Entstehung von Glücksspielsucht darstellen kann.

Literatur: Petry, J (2003). Glücksspielsucht: Entstehung, Diagnostik und Behandlung.