Suchttherapie 2011; 12 - S6_04
DOI: 10.1055/s-0031-1284503

Vorglühen – Bestandteil einer neuen Jugendkultur oder Hochrisikoverhalten?

S Wahl 1, E Wiesler 1, T Sonntag 1, J Röhrig 1, M Berner 1
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Freiburg

Die Ergebnisse der explorativen Studie „StreetTalk“ (Wahl et al., 2009) zeigen, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei einem großen Teil der Stichprobe als problematisch einzustufen ist. Dabei zeigte sich, dass vor allem das so genannte „Vorglühen“, also das Verabreden mit Freunden zum Alkoholkonsum in der häuslichen Umgebung der Jugendlichen vor dem abendlichen Ausgehen, mit insgesamt riskantem Konsum und negativen Erlebnissen wie Gewalt und Intoxikationen einhergeht.

Um den noch sehr geringen Wissenstand um dieses Thema zu erweitern, wurden in der hier beschriebenen Studie zum einen mit Hilfe eines Online-Fragebogens bei Schülern im Alter von 15–16 Jahren und aus verschiedenen Schultypen erfasst, wie oft, in welchem Ausmaß und auf welche Art und Weise die Jugendlichen Alkohol zuhause vor dem Ausgehen konsumieren und wie hoch ihr Konsum insgesamt ist. Zusätzlich wurden Informationen über den Kontext des häuslichen Alkoholkonsums, Motive für den Alkoholkonsum und alternative Freizeitbeschäftigungen erhoben. Zum anderen wurden in einem Feldforschungsansatz mehrere Gruppendiskussionen mit Jugendlichen im Alter von 15–16 Jahren geführt, in denen die Jugendlichen angeleitet durch einen Moderator über das Thema „Vorglühen“ diskutierten.

Die Online-Befragung bestätigte die Ergebnisse der Vorgängerstudie darin, dass Vorglühen mit vielfältigen negativen Konsequenzen asoziiert ist. Es zeigten sich klare signifikante Zusammenhänge zu den Faktoren Suchtgefährdung, Beteiligung an Schlägereien, das Erleben von Black-Outs und Heavy Episodic Drinking. Gleichzeitig zeigte sich, dass Vorglühen unabhängig von sozialem Milieu, Schulform und Migrationshintergrund weit verbreitet in der gesamten untersuchten Altersstufe ist, d.h. dass Vorglühen Teil einer neuen Jugendkultur zu sein scheint. Die qualitative Teilstudie liefert interessante Einsichten in diese Jugendkultur und beleuchtet die Vorteile, die das Vorglühen aus Sicht der Jugendlichen hat.