Suchttherapie 2011; 12 - S12_2
DOI: 10.1055/s-0031-1284535

Reduziertes Trinken als ergänzendes Therapieziel bei Alkoholabhängigen?

K Mann 1
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Es gibt Pros und Cons in dieser schon lange diskutierten Frage. Unbestreitbar würde das Ziel einer Trinkreduktion die Schwellen zum Aufsuchen von Hilfe erniedrigen. Andererseits ist die Datenlage kontrovers und zeigt m. E. bisher einen Erfolg bei missbräuchlichem Alkoholkonsum, nicht aber bei Alkoholabhängigen. In manchen Studien werden beide Gruppen als „alcohol problems“ zusammen betrachtet und vor diesem Hintergrund als „positiv“ gewertet. Andererseits zeigen große Therapiestudien, dass es immer auch einen gewissen Prozentsatz von Patienten gibt, die deutlich reduziert trinken und das offenbar auch über längere Zeit. Demgegenüber wurde auch gezeigt, dass das Verfolgen des klaren Therapieziels absolute Abstinenz zu besseren Therapieergebnissen insgesamt führt. Vor diesem Hintergrund muss eine Erweiterung der Therapieziele sorgfältig abgewogen werden. Allerdings wird in dieser Frage die vorgesehene Veränderung der diagnostischen Kategorien eine wesentliche Rolle spielen. Für DSM-V ist weitgehend entschieden, dass es nicht mehr eine „Alkoholabhängige“ und „Missbräuchler“ gibt, sondern beide kommen in eine gemeinsame Kategorie. Deshalb muss der Schweregrad entscheiden, welches Therapieziel verfolgt werden soll. In diesem Sinne würde ich Mark Sobell, einem der beiden Pioniere der neuen Therapieziele beipflichten, der heute sehr klar sagt, dass Alkoholabhängige das Therapieziel der Abstinenz verfolgen sollten, „Missbräuchler“ jedoch auch reduzierte Trinkmengen avisieren könnten. Zu den Begrifflichkeiten sagt er wörtlich: „In retrospect, it would have been better to have called it reduced drinking“.