Suchttherapie 2011; 12 - S21_2
DOI: 10.1055/s-0031-1284571

Nikotinabusus und Therapieresponse in der Medizinischen Rehabilitation – Ist die Behandlung von rauchenden Patienten mit psychischen Störungen weniger erfolgreich?

S Mühlig 1, A Sehl 1, F Haarig 1, J Lindenmeyer 2
  • 1TU Chemnitz, Lehrstuhl für Klinische Psychologie, Chemnitz
  • 2salus Klinik Lindow, Lindow

Hintergrund + Fragestellung: Tabakrauchen ist unter Personen mit psychischen Störungen weit überproportional verbreitet. Nikotin wird von Psychiatriepatienten oft zur „Selbstbehandlung“ ihrer Störungssymptome sowie zur Kompensation unerwünschter Arzneimittelwirkungen genutzt, kann aber auch die erwünschten Wirkungen diverser Pharmakotherapie beeinträchtigen. Ungeklärt ist bislang die Frage, inwieweit sich Tabakrauchen negativ auf die das Behandlungsergebnis in der Routineversorgung auswirkt. Methodik: Zur Klärung des Zusammenhanges zwischen Rauchstatus und Therapieresponse wurde ein kompletter Behandlungsjahrgang (N=1.568) einer Rehabilitationsklinik für Suchtstörungen (n=948) und Psychosomatik (n=620) analysiert. Dabei wurde der aktuelle bzw. life-time-Rauchstatus (Niemals-, Ex-, aktueller Raucher) sowie die Tabakabhängigkeit mit den unterschiedlichen klinischen Therapieoutcomes (Morbiditätsparameter auf Basis diagnostischer Kriterien und psychometrischer Assessments, die Therapieabbruchrate, sozialmedizinische Daten zur psychosozialen Funktionsfähigkeit und gesundheitsökonomische Aspekte) in Beziehung gesetzt. Ergebnisse: Der Rauchstatus der Patienten in der untersuchten klinischen Population einer Rehabilitationsklinik ist in differenzieller Weise mit den Therapieergebnissen assoziiert: Während sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen Rauchstatus und globalen klinischen Ergebnisparametern finden lassen, fällt die Therapieabbruchrate unter Rauchern doppelt so hoch aus (18%) wie unter Nichtrauchern (9%). Schlussfolgerungen: Dem Problem des Nikotinabusus sollte in der psychosozialen Versorgungspraxis mehr Augenmerk geschenkt werden, da Tabakrauchen offenbar mit der Therapiemitarbeit assoziiert ist. In künftigen Studien wäre zu klären, inwieweit sich der Therapieerfolg durch gezielte Tabakentwöhnungsinterventionen verbessern lässt.