Suchttherapie 2011; 12 - S23_4
DOI: 10.1055/s-0031-1284579

Pathologische Internetnutzung im Jugendalter

S Meixner-Dahle 1
  • 1Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin

Seit einigen Jahren rückt zunehmend das Phänomen einer exzessiven Internet- und Computerspielnutzung unter Jugendlichen in den Fokus der wissenschaftlichen Diskussion. Befunde internationaler Studien deuten zusammenfassend auf (1.) eine beachtliche Verbreitung problematischen Internet- und Computerspielverhaltens insbesondere bei Jugendlichen, (2.) beträchtliche personengebundene Probleme der Betroffenen und (3.) erhebliche persönliche, soziale und leistungsbezogene Negativfolgen dauerhaften Problemverhaltens hin. Viele vorliegende Studien weisen jedoch methodische Probleme auf (z.B. fehlende psychometrische Gütekriterien, mangelnde Stichproben-Repräsentativität, Selektionsbias bei Online-Befragungen). Daher wurden bundesweit N=5.200 Schüler zwischen 14 und 25 Jahren offline mit einer hierzu entwickelten 20-Item-Skala zur Messung von Internetsucht sowie zu möglichen Risikofaktoren befragt. Insgesamt konnten 4% der befragten Jugendlichen als exzessive Internetnutzer klassifiziert werden. Zudem wiesen die Betroffenen ein vielfältiges Profil personaler und sozialer Probleme auf. Jüngere und männliche Jugendliche sind danach häufiger von pathologischer Internetnutzung betroffen. Die Betroffenen weisen im Vergleich zur Gruppe der unauffälligen Internetnutzer ein vielfältiges Problemprofil auf. Als bedeutsame Risikofaktoren pathologischer Internetnutzung erwiesen sich solche Ressourcenfaktoren, die in der gesundheitspsychologischen Forschung unter stresstheoretischen Fragestellungen diskutiert werden, wie insbesondere ein hohes Belastungserleben, dysfunktionale Copingstile und eine geringe spezifische Regulationskompetenz bzw. Selbstwirksamkeit. Weitere Zusammenhänge zeigten sich mit Persönlichkeitsfaktoren wie Ängstlichkeit, Depressivität, Selbstwertgefühl sowie mit sozialen Ressourcen und Problemen. Auch lassen sich geschlechtsspezifische Risikomuster aufzeigen. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Präventionsmöglichkeiten diskutiert.