Suchttherapie 2011; 12 - S31_3
DOI: 10.1055/s-0031-1284612

Polykonsum von Alkohol, Tabak, Cannabis und Medikamenten: Verbreitung und Einflüsse in der deutschen Allgemeinbevölkerung

A Pabst 1, B Höhne 2, L Kraus 1
  • 1IFT Institut für Therapieforschung, München
  • 2Institut für genetische Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, München

Ziel: Mit dem riskanten Konsum von mehr als einer psychoaktiven Substanz sind enorme physiologische und psychosoziale Risiken verbunden. Anhand evidenzbasierter Schwellenwerte für riskanten Konsum von Alkohol, Tabak, Cannabis und Medikamenten wurden die Verbreitung von und die Einflüsse auf Polykonsum in der deutschen Allgemeinbevölkerung untersucht. Methodik: Es wurden Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) 2006 verwendet. Die Stichprobe umfasste 6.582 Personen zwischen 18 und 64 Jahren, die in den letzten 30 Tagen mindestens eine der vier Substanzen konsumierten. Die Antwortrate betrug 45%. Folgende Schwellenwerte für riskanten Konsum wurden verwendet: Alkohol:> 12/24 Gramm Reinalkohol pro Tag für Frauen/Männer; Tabak: ≥ 20 Zigaretten pro Tag; Cannabis: ≥ 6 Mal in den letzten 30 Tagen konsumiert; Medikamente: tägliche Einnahme mindestens eines von sieben Medikamenten in den letzten 30 Tagen. Basierend auf diesen Grenzwerten wurden drei Risikogruppen klassifiziert: Nicht-Risiko-Konsumenten (keine Substanz riskant konsumiert), Single-Risiko-Konsumenten (eine Substanz riskant konsumiert), riskante Polykonsumenten (zwei und mehr Substanzen riskant konsumiert). Binäre logistische Regressionen wurden verwendet, um den Einfluss sozioökonomischer Prädiktoren auf Polykonsum zu schätzen. Ergebnisse: Die am häufigsten riskant konsumierte Einzelsubstanz war Alkohol (8,7%), gefolgt von Tabak (7,0%), Medikamenten (5,7%) und Cannabis (0,6%). Die Kombination riskanten Konsums von Alkohol und Tabak (1,9%) stellte den größten Anteil riskanter Polykonsumenten dar. Insgesamt berichteten 4,1% der Befragten riskanten Polykonsum in den letzten 30 Tagen. Ältere und männliche Erwachsene hatten ein erhöhtes Risiko für riskanten Polykonsum. Bildung, Einkommen und Wohnregion waren keine signifikanten Prädiktoren für riskanten Polykonsum. Schlussfolgerungen: Prävention und Behandlung im Zusammenhang mit psychoaktiven Substanzen sollte polyvalenten Konsum berücksichtigen.